Anlage 11. Das Reichsbeamtengesetz vom 18. Mai 1907. 283
nicht die Überzeugung gewonnen hat, daß der Antrag nur auf Ver-
schleppung der Sache abzielt.
6 07.
Stehen dem Erscheinen eines Zeugen Krankheit, große Ent-
fernung oder andere unabwendbare Hindernisse entgegen, so ist von
der Disziplinarkammer !] dessen Vernehmung durch einen damit be-= S. 268.
auftragten Beamten unter Beiladung der Staatsanwaltschaft und
des Angeschulvdigten anzuordnen.
Als große Entfernung im Sinne dieses Gesetzes ist es nicht
anzusehen, wenn der Zeuge sich im Bezirke der entscheidenden
Disziplinarkammer aufhält.
8 108.
Bei der Entscheidung hat die Disziplinarkammer, ohne an
positive Beweisregeln gebunden zu sein, nach ihrer freien, aus dem
Inbegriffe der Verhandlungen und Beweise geschöpften Überzengung
zu beurteilen, inwieweit die Anschuldigung für begründet zu erachten.
Ist die Anschuldigung nicht begründet, so spricht die Disziplinar-=
kammer den Angeschuldigten frei. Vorläufige Freisprechung (Ent-
bindung von der Instanz) ist nicht statthaft. Gegen den frei-
gesprochenen Angeschuldigten darf wegen der nämlichen den Gegen-
stand der Anschuldigung bildenden Handlung ein Disziplinarverfahren
nicht wieder eingeleitet werden.
Ist die Anschuldigung begründet, so kann die Entscheidung
auch auf eine bloße Ordnungsstrafe lauten.
Die Entscheidung, welche mit Gründen versehen sein muß,
wird in der Sitzung, in welcher die mündliche Verhandlung be-
endigt worden ist, und spätestens innerhalb der darauf folgenden
vierzehn Tage verkündet. Eine Ausfertigung der Entscheidung wird
dem Angeschuldigten erteilt.
6 109.
Über die mündliche Verhandlung wird ein Protokoll auf-
genommen, welches die Namen der Anwesenden und die wesentlichen
Momente der Verhandlung enthalten muß. Das Protokoll wird
von dem Vorsitzenden und dem Protokollführer unterzeichnet.
& 110.
Gegen die Entscheidung der Disziplinarkammer steht die Be-
rufung an den Disziplinarhof sowohl dem Beamten der Staats-
anwaltschaft als dem Angeschuldigten offen.