Sp. 190.
72 Vierte Beylage zu der Verfassungs-Urkunde des Königreichs Baiern.
5. 2.
Sie behalten den Titel, den sie früher geführt haben, jevoch
mit Weglassung aller auf ihre vormaligen Reichsständischen Ver-
hälmiße sich beziehenden Beysätze und Würden.
Sie benennen sich demnach von ihren ursprünglichen Stamm-
gütern und Herrschaften. Der Erstgebohrne, welcher im Besitze
derselben sich befindet, nennt sich zur Unterscheidung von den Nach-
gebohrnen in öffentlichen Schriften und Handlungen, die nicht an
den Souverain oder an die Königlichen Behörden gerichtet werden,
Fürst und Herr, auch Graf und Herr, mit dem Prädicate
Sp. 191.
„Wir“, wogegen sich die Nachgebohrnen nur des Titels eines
Fürsten oder eines Grafen zu bedienen haben.
5. 3.
Denselben wird ein ihrer Ebenbürtigkeit angemessenes Canzley-
Ceremoniel ertheilt. In den Ausfertigungen der Königlichen Stellen
wird im Contexte den Fürsten das Prädicat „der durchlauchtig hoch-
gebohrne Herr Fürst;“ und den Grafen „der hochgebohrne Herr
Graf“ gegeben werden. In ihren Schriften, die entweder an den
Souverain,] an die Königlichen Staats-Ministerien, oder an die
übrigen höhern Landesstellen gerichtet sind, müssen sie nach dem
bis jetzt bestehenden Kanzley-Ceremoniel sich achten.
8. 4.
In allen Städten, Märkten und Dörfern, welche den standes-
herrlichen Häusern gehören, soll das Kirchengebet nach dem Sou-
verain, auch für das Haupt des Hauses und für dessen Familie
verrichtet werden.
Auf gleiche Weise wird hinsichtlich der Trauerfeyerlichkeiten
gestattet, daß das Trauer-Geläute für den Herrn, seine Gemahlin,
und für seinen nächsten Nachfolger drey Wochen, für einen Nach-
gebohrnen aber vierzehn Tage lang von dem Leichenbegängnisse an
beobachtet werde; daß die standesherrlichen Stellen und Beamten
eine Trauer von sechs Wochen anlegen, und daß alle öffentlichen
Lustbarkeiten in den standesherrlichen Gebieten bis nach Beendigung
der Exequien eingestellt werden.
S. 5.
Den Standesherren steht für ihre Personen und für ihre
Familien die unbeschränkte Freyheit zu, in einem jeden zum deut-
schen Bunde gehörigen, oder mit demselben im Friedensstande be-
findlichen Staate ihren Aufenthalt zu wählen, und eben so in die