Verfassungsurkunde des Königreichs Sachsen. 45
Diesen Eid legen die Präsidenten beider Kammern in die
Hände des Königs, und die übrigen Mitglieder der Kammer
in der Versammkung an den Vorstand derselben ab.
Wenn ein gewesener Abgeordneter durch neue Wahl, als
solcher, in eine Kammer eintritt, so leistet er die Pflicht blos
mittelst andschlags, unter Verweisung auf den früher ab-
gelegten Eid
g. 83.
Jedes Mitglied der Stände kann in der Kammer seine
Meinung frei üußern. Ein Mitglied, welches bei dem Ge-
brauche dieses Rechts den Gang des Geschäfts unstatthafter-
weise aufhält, oder sich die Mißbilligung der Kammer erregende
Aeußerungen erlaubt, kann von dem Präsidenten zur Ordnung
verwiesen werden.
Die Mitglieder der Kammern haben sich bei ihren Dis-
cussionen aller Persönlichkeiten, aller unanständigen und be-
leidigenden Ausdrücke, so wie aller Abweichungen von dem
vorliegenden Berathungsgegenstande zu enthalten, widrigen
Falls der Präsident sie zur Ordnung zu verweisen und, im
eigerungsfalle, selbst die fernere Wortführung zu untersagen
das Recht hat. Sollten sie sich selbst persönliche Ausfälle
gegen den Regenten, die Königliche Familie, die Kammern,
oder einzelne Mitglieder der Kammern erlauben und, ohn-
geachtet der Erinnerung des Präsidenten, hiermit fortfahren,
so ist derselbe berechtigt und verpflichtet, die Sitzung für diesen
Tag auf der Stelle zu schließen und in der folgenden Sitzung
über die Bestrafung des betreffenden Mitglieds der Kammer
vorzutragen, welche entscheiden wird, ob dasselbe zum bloßen
Wikerruß oder zum zeitlichen oder gänzlichen Ausschluß aus
der Kammer zu verurtheilen sei.
Wenn die gerügte Aeußerung ein besonderes Verbrechen,
oder eine persönliche Beleidigung in sich begreift, so kann das
fragliche Mitglied der Kammer, es mag nun dessen Aus-
schließung erol t seyn oder nicht, deshalb noch vor seinem
ordentlichen ichten belangt werden.
Verlangt es der Ausgeschlossene, so ist die Entscheidung,
ob derselbe bei einer künftigen Süineersammung wieder
wählbar seyn solle, an den Staatsgerichtshof (§. 142.) zu ver-
weisen, sonst ist derselbe künftig nicht wieder wählbar. #
S. 260.
6.) Freie
Aeußerung
derselben.