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Welt freiwillig in eine Lage bringen, die mir die Verpflichtung auferlegen
würde, noch weiter bei der Aufrichtung eines Werkes mitzuwirken, von dem
ich überzeugt bin, daß es den Todeskeim für die kleinen Staaten in sich schließt.
Sollte ich mir aber die Aufgabe stellen, das Werk im Reichstage zu bekämpfen,
so müßte ich mir im voraus sagen, daß dies ganz nutzlos sein, für mich per—
sönlich aber die unerfreulichsten Kollisionen herbeiführen und auch auf die
Stellung unserer Regierung zu Preußen in der nachteiligsten Weise zurückwirken
würde. Ueberdies bin ich der Meinung, daß ich allerdings zur Annahme der
Wahl der Zustimmung des Herzogs bedurft hätte, die Ablehnung dagegen
lediglich mit mir und meinem Gewissen abzumachen habe. Ich finde daher
auch keine Veranlassung, mich wegen meiner ablehnenden Erklärung ihm gegen—
über zu rechtfertigen, wenn ich nicht dazu direkt von ihm aufgefordert werde.“
*
Berlin, 29. Januar 1867.
An Freiin Wanda v. Seebach.
„Du bist in der Meinung befangen, die Wiederaufnahme der Verhandlungen
sei bereits erfolgt. Das ist leider eitel Täuschung. Die Sitzung, von der ich
Dir schrieb, hatte lediglich den Zweck, einen Nebenpunkt, der füglich ganz bis
zum Schluß der Beratungen hätte ausgesetzt bleiben können, zu erledigen; in
Bezug auf die Verhandlungen gingen wir ebenso klug wieder nach Hause, wie
wir gekommen waren, das heißt wir erfuhren darüber, wann und wie dieselben
wieder aufgenommen werden sollten, auch nicht das Geringste. Und so steht
die Sache auch noch heute. Zwar sind wir für heute mittag von neuem zu
einer Sitzung geladen, man ist aber so vorsichtig gewesen, alsbald in der Ein-
ladung zu erwähnen, daß in derselben nur das Protokoll über die letzte Sitzung
zur Verlesung kommen und unterzeichnet werden solle. Somit hat es ganz den
Anschein, als ob mit diesen Sitzungen nur beabsichtigt werde, uns ein wenig
zu beschäftigen, vielleicht auch dem Publikum — die Zeitungen fingen schon
an, die lange Pause zu besprechen — etwas Sand in die Augen zu streuen.
„Gestern war das Ordensfest — ein langes Vergnügen. Um 11 Uhr fuhr
ich in der vorgeschriebenen Gala in das Schloß, wo der kirchlichen Feier zu-
nächst das Diner, an welchem über 1200 Personen teilnahmen, und dann
eine längere Cour folgte, so daß ich erst zwischen 4 und 5 Uhr wieder nach
Hause kam. Indessen war es mir doch interessant, das eigentümliche Fest,
dessen Teilnehmer sich vom Generalfeldmarschall bis zum Schutzmann ab-
stufen, einmal mit anzusehen. Nach dem Diner zeigten sich unter den In-
habern des schwarzen Frackes manche hochgerötete Wangen, wohl weniger infolge
der Wärme, an der eben kein Ueberfluß war, als infolge des ungewohnten
Champagners.“
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