Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

II. Abschnitt. 
— 
Der Bundesrat zum erstenmal bei der Arbeit. 
Die Neuwahlen für den ersten Reichstag des Norddeutschen Bundes fanden 
Ende August statt. Dem Zusammentritt desselben stand also von Mitte Sep- 
tember ab kein Hindernis im Wege, sobald sich Bismarck und der Bundesrat 
über das Arbeitspensum des Reichstags geeinigt hatten. 
Der Stoff für die Vorlagen, welche der Bundesrat für den Reichstag 
vorzubereiten hatte, war in der Bundesverfassung vorgezeichnet. Eine Reihe 
gesetzgeberischer Maßregeln war auch bereits durch langjährige Agitationen und 
Vorarbeiten so sehr gereift, daß der Bundesrat schleunigst damit befaßt werden 
konnte. Im einzelnen ist in Einhaltung der in der Bundesverfassung adoptirten 
Reihenfolge Nachstehendes zu bemerken. 
1. Wundesgesetzgebung (Artikel 2—5 der Verfassung). 
Dringlich erschien vor allem die Regelung der Freizügigkeit. ') Die 
Bundesverfassung leistete in dieser Beziehung immerhin schon etwas, indem sie 
die Bundesangehörigen in allen Einzelstaaten den Einheimischen gleichstellte. 
Aber da die Einheimischen in vielen Staaten sehr schlecht gestellt waren, so 
bedurfte es einer Ergänzung, welche das materielle Recht der Zugfreiheit inner- 
halb des Bundesgebiets sicherstellte. Ein von Bismarck dem Bundesrat vor- 
gelegter Gesetzentwurf, betreffend die Freizügigkeit, welcher im wesentlichen die 
Geltung des preußischen Niederlassungsgesetzes vom 31. Dezember 1842 auf 
das ganze Bundesgebiet ausdehnte, erlangte die Genehmigung des Reichstags. 
Gesetz vom 1. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 55). 
Dicht hieran knüpfte sich eine weitere gesetzliche Maßregel, die ohne Verzug 
durchgeführt werden konnte und vermöge einer gleichen humanen Tendenz den 
Wert der neugeschaffenen staatlichen Ordnung dem letzten Gesellen und Arbeiter 
zum Bewußtsein bringen und die Liebe zu derselben erwecken und beleben 
*) Zu vergleichen der Artikel „Die Freizügigkeit im Norddeutschen Bunde“ in der 
„National-Zeitung“ Nr. 393 vom 24. August 1867.
	        
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