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29. April,“) 12. Mai,**) 7. und 19. Dezember den Vorsitz führte. — In den
übrigen Sitzungen substituirte sich Bismarck im Vorsitz den Präsidenten des Bundes-
kanzler-Amts Dr. Delbrück, ein paarmal auch den königlich sächsischen Staatsminister
der Finanzen und der auswärtigen Angelegenheiten Freiherrn v. Friesen.““)
Die Physiognomie des Bundesrats hatte sich seit dem letzten Jahre nicht
wesentlich verändert. Es traten sogleich beim Beginn der Session neu hinzu:k)
für Preußen der Ministerialdirektor, Wirkliche Geheime Legationsrat v. Philips-
born, der Geheime Ober-Finanzrat Wollny, der Geheime Regierungsrat Graf zu
Eulenburg, und im Laufe der Session: der Staatsminister v. Bülow für
Mecklenburg-Schwerin (an Stelle des Staatsrats v. Müller und auch wiederum
für Mecklenburg= Strelitz an Stelle des Drosten v. Oertzen, der Bülow kurze
Zeit vertreten hatte), der Landesdirektor v. Flottwell für Waldeck (an Stelle
des Geheimen Regierungsrats Klapp), der Kabinetsminister Heldmann für Lippe
(an Stelle des Kabinetsministers v. Oheimb) und der Ministerresident Dr. Krüger
für Lübeck (an Stelle des Senators Dr. Curtius).
Betrachten wir uns die neu eingetretenen Bevollmächtigten zum Bundesrat
noch etwas näher.
1. Preußen.
Ministerialdirektor, Wirklicher Geheimer Legationsrat
v. Philipsborn )
(geboren 4. Oktober 1815, gestorben 23. Dezember 1885).
Derselbe hat 17 Jahre lang, vom Oktober 1868 bis Frühjahr 1881,
als Direktor der damaligen 2. (handelspolitischen und staatsrechtlichen) Ab-
allen Inländern vor, welche nicht zur Familie des Souveräns gehören. So haben auch
an dem hiesigen königlichen Hofe die Botschafter den Rang vor dem Feldmarschall. In
fremden diplomatischen Häusern wird dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten der
Vortritt gegeben. Bei diesen Rangverhältnissen hatte also der Ministerpräsident gar keine
Veranlassung, sich über Zurücksetzung zu beklagen. Ebensowenig konnte für ihn ein Grund
zur Gereiztheit über die ihm zustehende Rangfolge vorhanden sein, da Graf Bismarck die
diplomatischen Gebräuche der europäischen Höfe kennt, welche dem Botschafter den Rang
vor allen Einheimischen, welche nicht Mitglieder der königlichen Familie sind, anweisen.“
*7) Die Thatsache, daß Bismarck am 29. April dem Bundesrat präsidirte (allerdings
nicht bis zum Schluß der Sitzung), hat Kohl in seinen Bismarck-Regesten übersehen.
*“) Auch unterm 13. März 1868 läßt Kohl irrtümlicherweise eine Sitzung des Bundes-
rats des Norddeutschen Bundes unter dem Vorsitz Bismarcks abhalten.
’*#) Die Zusammensetzung der 7 Ausschüsse des Bundesrats findet sich abgedruckt
in der „National-Zeitung“ Nr. 119 vom 11. März 1868, in der „Norddeutschen All-
gemeinen Zeitung“ Nr. 61 vom 12. März 1868; vgl. auch die Nr. 59 vom 30. März 1868.
f)Bekanntmachung Bismarcks vom 28. Februar 1868 (B.-G.-Bl. S. 11), vom
10. November 1868 (B.-G.-Bl. S. 517), vom 23. November 1868 (B.-G.-Bl. S. 521)
und vom 3. Dezember (B.-G.-Bl. S. 567).
K) Max von Philipsborn studirte an der Universität Berlin die Rechtswissenschaften,
trat am 1. September 1840 in das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten ein