Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

— 155 — 
für Handel und Verkehr vernommen. Die Vernehmungen erfolgten auf Grund 
vorher formulirter Fragen, welche jedoch nicht sowohl die Aufgabe der Enquete 
zu erschöpfen, als vielmehr den Gang derselben im allgemeinen vorzuzeichnen 
und durch Hervorhebung der wichtigsten Gesichtspunkte den Sachverständigen 
einen Anhalt zu eingehender Darlegung ihrer Erfahrungen und Urteile zu geben 
bestimmt waren. Den Vorsitz führte in allen Sitzungen der Bevollmächtigte 
für Preußen, Geh. Ober-Finanzrat Wollny, seitens des Bundeskanzler-Amts war 
der ständige Hülfsarbeiter Jungermann anwesend, die übrigen Bevollmächtigten 
waren nicht regelmäßig zugegen. Den Vernehmungen lagen anfangs 7, später 
10 Fragen zu Grunde und sie geschahen meistens derartig, daß der Vorsitzende 
diese Fragen zergliederte und dann die Sachverständigen antworten ließ. 
Das Ergebnis der Engquete legte Bismarck Ende Oktober 1868 dem 
Bundesrat vor, und er gestattete demnächst auch eine Veröffentlichung der 
gewonnenen Materialien.) Wie man hörte, sprachen sich die Bundesratsaus- 
schüsse für Justizwesen und für Handel und Verkehr ganz entschieden gegen die 
Errichtung von Staatskreditinstituten, wie auch gegen die Gewährung 
von Staatshilfe oder Privilegien zur Förderung des Realkredits aus. Die 
andere angeregte Frage in Betreff der Normativbedingungen für die 
innerhalb des Bundesgebiets zu errichtenden Kreditinstitute blieb aber ungelöst. 
Patentwesen. Am 10. Dezember 1868 regte Bismarck mit folgendem 
Schreiben?“) die Regelung der Patentfrage bei dem Bundesrat an: 
„Unter den Gegenständen, welche die Verfassung des Norddeutschen Bundes 
der Beaufsichtigung und Gesetzgebung des letzteren unterwirft, befinden sich auch 
die Erfindungspatente (Art. 4 Nr. 5 der Verfassungsurkunde vom 26. Juli 1867). 
Bei den vielfachen und begründeten Klagen, welche über den mangelhaften 
Zustand der Patentgesetzgebung in Preußen und in Deutschland seit geraumer 
Zeit laut geworden sind, erachtet es die königlich preußische Regierung für 
geboten, die Erwägung, was infolge jener Verfassungsbestimmung einzuleiten 
sein möchte, nicht länger hinauszuschieben. Dabei kann jedoch nach dem Stand- 
punkte, den sie schon seit längerer Zeit zu der Sache eingenommen hat, nicht 
*) Die Arbeit erschien unter dem Titel „Stenographische Berichte über die Verhand- 
lungen des Ausschusses des Bundesrats des Norddeutschen Bundes für Handel und Ver- 
kehr, betreffend die Enquete über das Hypothekenbankwesen. Vom 13. März bis 19. Juni 
1868.“ Verlag der Deckerschen Hofbuchhandlung. Preis 1 Thlr. 10 Sgr. Agl. über 
diese Enquete auch mein Werk: „Aktenstücke zur Wirtschaftspolitik des Fürsten Bismarck" 
Bd. I., S. 116 ff. und den Aufsatz in der „National-Ztg.“ Nr. 423 und 425 vom 10. 
und 11. September 1868: „Der Realkredit vor dem Ausschuß des Bundesrats.“ 
*“) Es ist dies die einzige Vorlage Bismarcks an den Bundesrat aus der Session 1868, 
von der Horst Kohl Kenntnis hat (Bogl. dessen Bismarck-Regesten, Bd. I. S. 357. — Ein 
Auszug aus der Vorlage befindet sich in der „National-Ztg.“ Nr. 11 vom 8. Januar 
1869; vgl. auch die Serie von Artikeln „Zur Patentfrage“ in derselben Zeitung Nr. 37, 61, 
vom 31. Januar und 6. Februar 1869.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.