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sei. Daneben mußte aber noch eine andere Frage in Erwägung kommen,
nämlich, auf welchem Wege man die so wünschenswerte und gegenwärtig be—
stehende Gemeinsamkeit des deutschen Wechselrechts erhalten könne, wenn eine
Abänderung beschlossen wurde, welche nur für das Gebiet des Norddeutschen
Bundes, nicht aber für die übrigen deutschen Staaten Wirksamkeit hatte. Für
eine Vertagung des neuen Gesetzes bis nach erfolgter Verständigung mit den
süddeutschen Staaten wollte man bei der Dringlichkeit der beabsichtigten Reform
nicht stimmen, da ja überdies kein Vertrag bestand, welcher die Bundesgewalt
hindern könnte, eine Aenderung des Wechselrechts auf eigene Hand vorzunehmen.
Deshalb fand man es für angemessener, die süddeutschen Regierungen von der
bevorstehenden Aufhebung der Schuldhaft innerhalb des Bundesgebietes zu
benachrichtigen, mit dem gleichzeitigen Ersuchen, ihrerseits das Geeignete zur
Erhaltung der Gemeinschaftlichkeit des Wechselrechts zu veranlassen. Der Justiz-
ausschuß stellte daher auch schließlich den Antrag, der Bundesrat möge den
Bundeskanzler beauftragen, eine Notifikation und ein Ersuchen der gedachten
Art an die Regierungen von Bayern, Württemberg, Baden und Hessen zu
richten.
Als das Gesetz vom 29. Mai 1868 (B.-G.-Bl. S. 327) alle erforder-
lichen Stadien durchlaufen hatte, setzte der Kanzler, dem Ersuchen des Bundes-
rats entsprechend, die Regierungen von Bayern, Württemberg, Baden und Hessen
von der im Gebiete des Norddeutschen Bundes bevorstehenden Aufhebung des
Schuldarrestes in Kenntnis und stellte gleichzeitig ihrer Erwägung anheim, ob
nicht die gleichen Abänderungen der deutschen Wechselordnung in ihren Staaten
einzuführen seien.)
Haftpflichtgesetz. Auf die aus Leipzig (von Professor Biedermann
und Genossen) Ende März 1868 eingereichte Petition um Erlaß bundesgesetz-
*) Hierauf gingen folgende Antworten ein. 1) Bayern: Es werde beabsichtigt, nach
eingeholter königlicher Ermächtigung dem Landtage sofort nach seinem Wiederzusammentritte
einen Gesetzentwurf vorzulegen, der im wesentlichen mit den bezüglichen Gesetzen des
Norddeutschen Bundes und Oesterreichs übereinstimme. 2) Württemberg.: Die erforder-
lichen Erhebungen darüber, ob nach dem dermaligen Stande der Exekutionsgesetzgebung,
beziehungsweise unter welchen Modifikationen derselben die Personalhaft als Exekutions-=
mittel in Wechselsachen entbehrt werden könne, seien angeordnet. Indem die Regierung
sich vorbehalte, von ihrer desfalsigen Entschließung seinerzeit Kenntnis zu geben, bemerke
sie, daß eine dem Vorgange der Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes sich anschließende
Maßregel in Württemberg jedenfalls nicht ohne Zustimmung der Ständeversammlung des
Landes vollzogen werden könne. 3) Baden: Die Regierung werde behufs gleichmäßiger
Aenderung des Artikels 2 der Wechselordnung für den nächsten Landtag eine entsprechende
Gesetzesvorlage vorbereiten. 4) Hessen: Die Regierung sei bereit, für den Fall des Zu-
standekommens des fraglichen Gesetzes im Gebiete des Norddeutschen Bundes auch für die
nicht zum Bunde gehörigen Landesteile die entsprechende Aenderung des Artikels 2 der
Wechselordnung herbeizuführen.