Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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Aus dieser Stimmung sind auch die Sintenisschen Briefe geschrieben, 
die nunmehr im Auszug folgen sollen, und von denen ich vorausschicke, daß 
sie insgesamt aus der neuen Reichshauptstadt Berlin datirt sind. 
13. Dezember 1866. 
Abstattung von Besuchen. Schreckliche Erinnerung an den Bundestag von 
Frankfurt. 
* 
14. Dezember 1866. 
Diner bei dem Gesandten der thüringischen Staaten in Berlin, dem Grafen 
Beust, woselbst unter anderen geladen waren: Geheimerat v. Savigny, v. Thile 
vom auswärtigen Ministerium in Berlin und die Konferenzdelegirten v. Watz- 
dorf, v. Seebach, v. Larisch und v. Bertrab. Aufzählung des reichen Menus. 
„Alles das ließen sich die Diplomaten vortrefflich schmecken. Aber von unserer 
Hauptaufgabe war nicht ein Wort zu erfahren trotz v. Savigny-Thile. Nichts 
weiter äls: morgen, den 15., ist noch keine Eröffnung der Verhandlungen; 
aber Se. Majestät der König wird uns empfangen. Dies wurde bei der Cigarre 
ruchbar. 
„Für heute habe ich nur so viel wahrgenommen, daß die Beschäftigung 
hier länger dauern kann, als man denkt, und daß mir Savigny seinen Chef 
Bismarck etwas zu kopiren scheint. Er bekümmert sich auffallend wenig um 
uns kleine Europäer. Watzdorf scheint mir etwas ennuyirt und nicht gern 
hier zu sein. Er spricht nur von dem Stimmverhältnis“. Freilich ein deli- 
kater Punkt. Soll sich Preußen von uns möglicherweise überstimmen lassen? 
und, wenn nicht — warum sind wir Bundesgenossen und hierher citirt?" 
* 
15. Dezember 1866. 
Betrachtungen über Berlin nach einer Besichtigung der um das königliche 
Schloß gelegenen Prachtbauten. „Ja, es ist eine wahrhaft königliche Stadt, 
dieses so viel verschrieene Berlin, dies verkündige ich; wie wenig ich auch geneigt 
wäre, dort zu wohnen. Wer seiner Geburt, seinem Beruf nach darauf angewiesen 
ist, von dem freilich begreife ich, daß er seinen Wohnsitz nicht wieder wird ver- 
legen wollen. In mir steckt aber noch, nach Alexander v. Humboldts Erklärung, 
ein stark Stück der angeborenen ursprünglichen Wildheit des menschlichen Ge— 
schlechts, welche dieses von Zeit zu Zeit in die Einsamkeit treibt und darin 
einen Genuß findet, den alle Kultur nicht zu gewähren vermag. 
„Um 4¾ Uhr nachmittags ins Schloß gefahren, infolge einer Einladung 
von beiden Majestäten zur Tafel. Trotz befohlener kleiner Uniform —— 
nach hiesigem Begriff — hatten doch alle meine Kollegen die grand cordons 
angelegt! Schadet nicht, Bismarck war ohne. Dieser erschien bald, aus des 
Königs Zimmer heraustretend, uns zu bewillkommnen, wenige Minuten später 
Seine Majestät. Letzterer hielt eine kurze Anrede an uns. Was schon öfter
	        
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