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Darlehens von 30000 Thalern aus Bundesmitteln für das
dortige evangelische Hospital zur Ausführung von notwendig ge-
wordenen Neubauten ersucht worden. Der Bundeskanzler befürwortete die
Gewährung dieses Gesuchs, unter Hinweis auf die zwanzigjährige nützliche
Wirksamkeit jenes Hospitals, welches hilfsbedürftigen Deutschen, ohne Rücksicht
auf die Konfession, die Verpflegungskosten ganz oder teilweise erließ, bei dem
Bundesrat für den Fall, daß die andere Hälfte der für die beabsichtigten
Neubauten veranschlagten Kostensumme von 60000 Thalern anderweitig
gedeckt werde.
Rückblick.
Faßt man die Ergebnisse der Session kurz zusammen, so kommt man zu
folgendem Resultate. Der Geist der Eintracht und des Entgegenkommens, der
unter den Bevollmächtigten zum Bundesrat waltete, und der auf der gemein-
samen Hingebung der Bundesregierungen an die Sache Deutschlands beruhte,
zeitigte auch in der zweiten Session des Norddeutschen Bundes erfreuliche
Resultate. Es kamen Gesetze zu stande über die Eheschließung, das Gewerbe-
wesen (Notgewerbegesetz), die Maaß= und Gewichtsordnung, die gewerbrechtliche
Stellung der Erwerbs= und Wirtschaftsgenossenschaften, die Aufhebung der
Schuldhaft, die Aufhebung der. Spielbanken, die Unterstützung der Familien der
zum Dienste einberufenen Mannschaften der Ersatzreserve, die Quatierleistung
für die bewaffnete Macht. Es wurde vorbereitet die Gesetzgebung über
das Patentwesen, die Rechtshilfe, Haftpflicht, Strafgesetzbuch und Strafprozeß-
ordnung, die Beseitigung der Doppelbesteuerung und die Flußzölle.
Auf administrativem Gebiete lagen eine wirksamere Gestaltung des Schutzes
der Auswanderer, eine Enquete über das Hypothekenwesen, die Sicherung der
Eisenbahnen für militärische Zwecke, die Ausbildung der Bundeskonsulate, die
Schaffung einer Bundesschulkommission, die Ausdehnung der militärischen Frei-
zügigkeit auf Baden, Maßnahmen zur Sicherung des Privateigentums im See-
kriege. Die Benutzung der Post und Telegraphen wurde durch Verträge des
Norddeutschen Bundes mit den süddeutschen und fremden Staaten erweitert.
Keine Einigung kam im Bundesrat zu stande über die Anträge von
Bayern, Württemberg, Baden und Hessen in Betreff der Herstellung eines Ver-
hältnisses gegenseitiger Freizügigkeit mit dem Norddeutschen Bund.
Ein Antrag des Bundeskanzlers wegen Erhöhung der Matrikularbeiträge
wurde im Bundesrat in der mildesten Form abgelehnt. Hiervon abgesehen
folgte aber der Bundesrat den von dem Präsidium ausgehenden Anregungen
auf der ganzen Linie. Bismarck selbst legte aber auch große Mäßigung an den Tag
und zeigte sich frei von allen partikularistischen Anwandlungen, hoch und unpar-
teiisch über dem Ganzen stehend und nur das Beste des Vaterlands mit seinem
weiten Blick verfolgend. Seinen bundesfreundlichen Standpunkt bethätigte er