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„Von morgen an wird es wohl viel zu thun geben, doch ist bis heute
(den 16.) abends 7 Uhr noch keine Einladung zur Konferenz ergangen.“
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17. Dezember 1866.
„Einladung zur Soirée bei Lord Loftus um 9 Uhr. Die Dessauer Grund-
sätze für Teilnahme an geselligen Vergnügungen verfallen hier schrecklichen Ver-
suchungen
„Es geht hier wie ehedem in Frankfurt; totales faules Stillliegen, und
dann geraten plötzlich die Dinge in Gang. Minister v. Oertzen, der mich
besuchte, machte mir folgende Mitteilungen. Man wolle sich vor Weihnachten
vertagen — ich meine nicht am Heiligabend, sondern vielleicht schon in den
nächsten Tagen — um den ungeheuer wichtigen Entwurf zu überlegen und
Instruktion einzuholen. Man erwarte sicher, daß die Preußen zustimmen
würden.
„Ich habe nicht nur nichts dagegen, sondern die Notwendigkeit ist hand-
greiflich, wie grenzenlos fatal auch die zweimalige Reise hieher und der Aufent-
halt hier sein mag. Das Haupttreffen würde freilich dann erst in den Januar
fallen.
„Nachmittags besuchte mich Lord Loftus noch in Person. Abends 9 Uhr
fuhr ich zu ihm. Das Hotel — für 6500 Thaler jährlich gemietet, wie Lord
Loftus mir sagte — ist höchst prachtvoll à I’Anglaise eingerichtet. Schade,
daß es nicht noch etwas höhere und größere Räume hat, dann wäre es ein
Schloß. Eigentümer ist Harry von Arnim. Ein Komfort, wie ich noch nie
gesehen, mit wahrem Studium angelegt und ausgeschmückt, aber durchaus nicht
überladen.
„Die Lady Loftus ist die schönste Juno, die ich kennen gelernt habe. Ich
war in der Gesellschaft der erste, weil ich pünktlich gekommen war. Bald aber
füllten sich die Räume, und es war mir doch interessant, auch einmal einem
solchen Leben und Treiben zuzusehen.
„Mit Moltke, dem ich mich sogleich vorstellen ließ, unterhielt ich mich
unter allen Gästen am längsten. Dabei machte er mir die tröstliche Eröffnung,
es sei darauf gerechnet, daß die kleinen Staaten gleichmäßig wie Preußen
Truppen stellen müßten, also zum Beispiel Anhalt in einem Kriege wie dem
letzten (3 ½%) 6600 Mann! Gott bewahre uns davor! — Moltke sieht
durchaus einem theologischen Professor ähnlich, der das Lachen verlernt hat,
ohne darum etwa griesgrämig zu erscheinen. Seine Miene und sein Ausdruck
kann bei Sadowa kein anderer gewesen sein als heute abend bei Lord Loftus.
„Die Gäste wechselten fortwährend; die geringere Zahl hielt zwei Stunden
aus, abgesehen von den Diplomaten, unter denen auch unser Graf Beust mit
Gemahlin. Dieser gab sich große Mühe, mich vielen Leuten vorzustellen, da
mein einziger Bekannter der belgische Gesandte v. Nothomb war. Die Herren