— 222 —
an das Großherzogtum Baden die Frage gerichtet worden, ob es zum Abschluß
eines solchen Vertrages geneigt sei. Der Bundeskanzler hatte hierbei die An-
sicht aufgestellt, daß die Bestimmungen des oben erwähnten Gesetzes, so weit sie
die Gewährung der Rechtshilfe in Zivilsachen zum Gegenstande haben, fast
unverändert in einen Jurisdiktionsvertrag würden aufgenommen werden können,
vorausgesetzt, daß durch eine dem § 39 Absatz 1 des Gesetzes entsprechende
Verabredung den Bundesangehörigen die gleiche Behandlung mit den jenseitigen
Angehörigen in Prozessen und Konkursen gesichert werde, daß dagegen der über
die Rechtshilfe in Strafsachen handelnde Teil des Gesetzes nur mit gewissen
Modifikationen, namentlich mit Ausschließung der Auslieferung eigener Unter-
thanen und mit Beschränkung der Verpflichtung zur Strafvollstreckung, einem Ver-
trage werde zur Grundlage dienen können. Baden erklärte sich zum Abschluß
eines Jurisdiktionsvertrages auf diesen Grundlagen bereit; davon machte Bis-
marck dem Bundesrat im November 1869 eine Mitteilung.
Gemäß dem Antrage des mit der Berichterstattung über diese Angelegen-
heit beauftragten Ausschusse für Justizwesen beschloß der Bundesrat in der
Sitzung vom 6. Dezember 1869: sich damit einverstanden zu erklären, daß
zwischen dem Norddeutschen Bunde und Baden ein Jurisdiktionsvertrag in
möglichster Uebereinstimmung mit den Bestimmungen des Gesetzes, betreffend die
Gewährung der Rechtshilfe, abgeschlossen werde. Der Vertrag selbst beschäftigte
den Bundesrat in der nächsten Session.)
Nachdem auch Bayern und das Großherzogtum Hessen rücksichtlich des
südlich vom Main gelegenen hessischen Gebietes sich mit der Abschließung von
Jurisdiktionsverträgen im allgemeinen einverstanden erklärt hatten, erteilte der
Bundesrat in seiner Sitzung vom 13. und 19. Dezember 1869 die Zustimmung
zur Einleitung der bezüglichen Vertragsverhandlungen. Württemberg hatte am
Schlusse der Session eine definitive Entschließung noch nicht zu erkennen ge-
geben.)
Einführung der allgemeinen deutschen Wechselordnung,
der Nürnberger Wechselnovelle und des allgemeinen deutschen
Handelsgesetzbuchs als Bundesgesetze. Der Bundesratsausschuß für
das Justizwesen empfahl diesen im preußischen Justizministerium ausgearbeiteten,
von Bismarck dem Bundesrat im Februar 1869 vorgelegten Gesetzentwurf,
nur fügte er einen von Bremen ausgehenden Zusatz bei, wonach das Gesetz
keine rückwirkende Kraft haben sollte in Bezug auf die in Bremen den Privat-
gläubigern einer Handelsgesellschaft zustehenden Pfand= und Vorzugsrechte.
*) Vgl. hierüber und die ganze Frage die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 290
vom 11. Dezember 1869. ·
**) Erwähnung des Abschlusses eines Vertrages mit Württemberg s. „Norddeutsche
Allgemeine Zeitung“ Nr. 19 vom 23. Januar 1870.