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In der Plenarsitzung des Bundesrats vom 1. März 1869 wurde der
Entwurf wegen zweier von Braunschweig einer- und Hamburg und Bremen
andererseits gestellten Anträge an den Ausschuß für Justizwesen zur Beratung
dieser Anträge zurückverwiesen. Wie verlautet, hatte sich der Ausschuß in Be—
treff des braunschweigischen Antrages entschlossen, zu empfehlen, demselben keine
Folge zu geben, dagegen dem Antrage Hamburgs durch einen Zusatz im § 3 des
Entwurfs zu entsprechen. Die Verhandlungen führten zu dem Gesetz vom
5. Juni 1869 (B.-G.-Bl. S. 379). «
Der Entwurf eines Gesetzes über die Aktiengesellschaften,
welchen Bismarck dem Bundesrat im Mai 1869 vorlegte, wurde, weil er sich
wesentlich an preußische Verhältnisse anschloß, vom Bundeskanzler vorerst den
Bundesregierungen zur Aeußerung mitgeteilt. Diese Rückäußerungen wurden
dem Justizausschusse als Material für die Beratung des Gesetzentwurfs über-
wiesen. Der letztere schlug vor, bei allen Altiengesellschaften auf die Konzessio-
nirung und Ueberwachung seitens der Regierungen zu verzichten, dagegen die
Normen, unter denen Aktiengesellschaften gegründet werden sollen und bei Aus-
gabe von Aktienscheinen u. s. w. zu verfahren haben, durch das Gesetz festzu-
stellen. Die Hauptverhandlungen über diese Materie fallen in die nächste Session
des Bundesrats.
Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund. Dem Bundes-
kanzler war im Juni 1869 von dem preußischen Justizminister die Mitteilung
zugegangen, daß die Aufstellung des Entwurfs eines Strafgesetzbuches für
den Norddeutschen Bund in wenigen Wochen zum Abschluß kommen werde.
Infolge dessen trug Bismarck beim Norddeutschen Bundesrat darauf an, den
zu erwartenden Entwurf?) einer kommissarischen Beratung zu unterziehen. Nach
seinen Vorschlägen sollte zu diesem Zweck in Berlin eine aus fünf, höchstens
*) Ueber den Inhalt desselben vgl. die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 182
vom 7. August 1869. An den Professor Dr. John in Göttingen richtete Delbrück folgen-
des Schreiben:
Berlin, 31. Juli 1869.
Ew. Hochwohlgeboren waren der Erste, welcher in der Wissenschaft dem nationalen
Gedanken, ein einheitliches Strafrecht für den Norddeutschen Bund zu schaffen, durch
Ihren Entwurf eines solchen thatsächlichen Ausdruck gaben. Wie sehr dieser Entwurf
dem nunmehr von der Gesetzgebung in Angriff genommenen Werke förderlich gewesen
ist, wollen Sie aus dem Inhalte des ganz ergebenst beigefügten Entwurfs eines Straf-
gesetzbuchs für den Norddeutschen Bund entnehmen und mir zugleich das Ersuchen ge-
statten, dem begonnenen Gesetzgebungswerke Ihre Teilnahme in den ihm noch bevorstehenden
weiteren Stadien zuwenden zu wollen.
Der Kanzler des Norddeutschen Bundes.
In Vertretung: Delbrück.