Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

— 224 — 
aber aus sieben hervorragenden norddeutschen Juristen bestehende Kommission 
zusammentreten. Die zu Mitgliedern derselben geeigneten Persönlichkeiten sollten 
von der Justizkommission des Bundesrats bezeichnet werden. Als Anfangs- 
termin für die erwähnten kommissarischen Beratungen war der Beginn des Monats 
Oktober in Aussicht genommen. Diese Beratungen sollten womöglich noch vor 
Jahresschluß zu Ende geführt werden, damit dem Reichstag in seiner nächsten 
Session der Entwurf eines gemeinsamen Strafgesetzbuches vorgelegt werden 
könnte. Der Bundesrat beschloß auf den Antrag des Ausschusses für das 
Justizwesen die Bildung einer Spezialkommission von sieben Mitgliedern. Die 
Kommission wurde am 1. Oktober 1869 im Bundeskanzler-Amt durch den 
königl. preußischen Justizminister Dr. Leonhardt als Vorsitzenden eröffnet. 
Nachdem der Vorsitzende die Mitglieder der Kommission, nämlich: den preußischen 
Geheimen Ober-Justizrat Dr. Friedberg, den preußischen Appellationsgerichtsrat 
Bürgers, den preußischen Rechtsanwalt und Justizrat Dorn, den sächsischen 
Generalstaatsanwalt Dr. Schwarze, den großherzoglich mecklenburgischen Ober- 
appellationsgerichtsrat Dr. Budde und den Senator der freien Hansestadt Bremen 
Dr. Donandt, begrüßt hatte, machte derselbe zuvörderst Mitteilung von folgen- 
dem an ihn gerichteten Schreiben des Bundeskanzlers, d. d. Varzin, den 
24. September 1869: 
„Aus Eurer Excellenz gefälligsm Schreiben vom 18. vorigen Monats habe 
ich mit lebhaftem Interesse ersehen, daß die Beratung des Entwurfs eines 
Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund durch die vom Bundesrate ge- 
wählte Kommission am 1. kommenden Monats beginnen wird. 
„Daß es mir nicht vergönnt ist, die Herren Mitglieder der Kommission bei 
ihrem ersten Zusammentreten persönlich zu begrüßen, bedaure ich um so mehr, 
je höher ich die Aufgabe stelle, zu deren Lösung sie berufen sind. Der Erlaß 
eines Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund ist ein so bedeutungsvoller 
Schritt zur Herstellung eines gemeinsamen öffentlichen Rechts im gesamten 
Bundesgebiete und bildet eine so notwendige Ergänzung anderer Bundesein- 
richtungen, daß jeder, dem die organische Entwicklung des Bundes am Herzen 
liegt, die Beratungen der Kommission nur mit seinen lebhaftesten Wünschen begleiten 
kann. Für einen günstigen Erfolg dieser Beratungen bürgt die Zusammsetzung 
der Kommission unter Eurer Excellenz Leitung, und ich bin gewiß, mit den zu 
derselben berufenen ausgezeichneten Männern in der Ueberzeugung zusammen- 
zutreffen, daß ein Teil des Erfolges von einem raschen Abschluß der Beratungen 
abhängt. Der Bundesrat ist bei dem Beschlusse, auf Grund dessen die Kom- 
mission berufen ist, von diesem Gesichtspunkte ausgegangen, indem er den 
Jahresschluß für den Abschluß der Arbeit in Aussicht nahm, und ich gebe mich 
der Hoffnung hin, daß es der ersten Legislaturperiode des Bundes vorbehalten 
sein wird, ein gemeinsames Strafgesetzbuch zu stande zu bringen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.