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Abschied zu nehmen, so ersuche Eure Excellenz ich ganz ergebenst, denselben von
Vorstehendem gefälligst Kenntnis gegen zu wollen.
Der Kanzler des Norddeutschen Bundes.
Graf v. Bismarck.“
Errichtung eines Bundes-Oberhandelsgerichts. Von seiten der
königl. sächsischen Regierung wurde die Errichtung eines obersten Gerichts-
hofes für Handelssachen beantragt. Die Begründung eines solchen Tribunals
wurde auch früher schon mehrfach angeregt. Man betrachtete diese Einrichtung
als den Schlußstein einer gemeinsam deutschen Gesetzgebung über das Handels= und
das Wechselrecht. Nachdem die Verkündigung des allgemeinen deutschen Handels-
gesetzbuches und der allgemeinen deutschen Wechselordnung als Bundesgesetze in
nahe Aussicht getreten war, besorgte man Uebelstände, wenn diese Gesetze von
den obersten Gerichtshöfen der Einzelstaaten verschiedene Auslegungen erführen.
Nach der Vorlage sollte der Gerichtshof in Leipzig, als einem inmitten
Deutschlands gelegenen wichtigen Handels= und Verkehrsplatze, seinen Sitz er-
halten und aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und der erforderlichen
Anzahl von Räten bestehen. Die Mitglieder desselben sollten auf Vorschlag
des Bundesrats vom Bundespräsidium ernannt werden, als unmittelbare
Bundesbeamte gelten und aus der Bundeskasse ihr Gehalt beziehen. Der
neue Gerichtshof sollte für jeden Bundesstaat in Handelssachen an die Stelle
des obersten Gerichtshofes treten, welcher für diesen Staat die aus der untern
Instanz kommenden Sachen endogiltig zu entscheiden hatte. Urteile in dritter
Instanz durch Spruchkollegien oder Juristenfakultäten sollten bei Handelssachen
im Bereiche des Norddeutschen Bundes nicht mehr Platz greifen.“)
Der Ausschuß des Bundesrats für Justizwesen hatte bei der Vorberatung
der Vorlage besonders die Fragen der Kompetenz und der Opportunität zu
prüfen; die Majorität, bestehend aus Preußen, Königreich Sachsen, Coburg-
Gotha, Schwarzburg, entschied dieselben in einem der Vorlage günstigen Sinne.
Die Motive, welche die Majorität in der Frage der Opportunität bestimmten,
waren folgende:
Die einheitliche Gestaltung des Wechsel= und Handelsrechts war zwar ein
Gewinn für Deutschland, aber die Geltung dieser einheitlichen Institutionen
blieb eine unvollkommene, wie dies die Notwendigkeit der Vorlage wegen Ein-
führung der deutschen Wechselordnung und des Handelsgesetzbuches als Bundes-
gesetze (siehe oben S. 222) schlagend darthat. Hat dieser letztere Entwurf
Gesetzeskraft erlangt, so wird die Gemeinsamkeit des Wechsel= und Handels-
rechts innerhalb des Bundesgebiets unzweifelhaft in hohem Grade vervoll-
ständigt, aber eine die ernsteste Beachtung verdienende Unvollkommenheit wird
*) Stimmen der Presse über diesen Antrag in der „National-Zeitung“ Nr. 119 vom
12. März 1869.