Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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mußten hier vorzugsweise die Eisenbahnen, der Bergbau und die Fabriken in 
Betracht gezogen werden.) 
Dem Antrage des Ausschusses gemäß beschloß der Bundesrat des Nord- 
deutschen Bundes in der Sitzung am 9. Dezember 1869, den Bundeskanzler 
zu ersuchen, nach Anleitung des von dem Ausschusse vorgelegten Berichts einen 
Gesetzentwurf über die Haftung der Unternehmer von Eisenbahnen, Bergwerken 
und Fabriken für die beim Betriebe dieser Unternehmungen verursachten Tötungen 
und Körperverletzungen ausarbeiten zu lassen und dem Bundesrat zur Genehmi- 
gung vorzulegen. 
Die vollständige Erledigung dieser Materie fällt in die folgende Session 
des Bundesrats (1870). 
Die Kosten für die Strafvollziehung bei Verurteilung auf 
Grund des Militärstrafgesetzbuchs. Der § 184, Teil II des Militär- 
strafgesetzbuchs vom 3. April 1845 schrieb vor, daß, wenn gegen einen 
Soldaten auf Zuchthausstrafe erkannt, oder wenn die erkannte Bau- 
gefangenschaft als Zuchthausstrafe zu vollstrecken ist, der rechtskräftig Verurteilte 
durch das betreffende Generalkommando der Zivilbehörde zur Strafvollziehung 
überwiesen werden soll. Es war nicht zweifelhaft, daß unter dem Ausdruck 
„Zivilbehörde“ hier die Behörde der Heimat und nicht die Behörde des Garnison= 
orts des Verurteilten zu verstehen sei. Dagegen war zwischen der Bundes- 
Militärverwaltung und der Regierung von Reuß jüngerer Linie eine Meinungs- 
verschiedenheit darüber entstanden, ob die in Preußen übliche Praxis, nach 
welcher in dergleichen Fällen die Kosten der Strafvollstreckung von dem Zivil- 
fonds zu tragen sind, auch dann zur Anwendung zur bringen sei, wenn der 
Verurteilte einem andern Bundesstaat angehört als demjenigen, in welchem die 
Verurteilung erfolgt. 
In dieser Veranlassung beschloß der Bundesrat des Norddeutschen Bundes 
auf eine desfallsige Vorlage des Bundeskanzlers“") vom August 1869 dem An- 
*) Der Bundesratsausschuß stellte folgende Grundsätze auf: Für allen Schaden, welcher 
beim Eisenbahnbetriebe entsteht, ist die Ersatzpflicht der Gesellschaften in umfassender Weise 
zu bestimmen, falls nicht der Nachweis geführt wird, daß der Schaden durch eigene Schuld 
des Beschädigten oder durch unabwendbaren Zufall veranlaßt worden. Beim Bergbaue 
könne die Haftungspflicht der Unternehmer nicht so weit ausgedehnt werden, weil oft 
Unfälle durch Naturkräste eintreten, welche sich der sorgfältigsten Kontrolle entziehen, und 
weil es sich um den Schutz der Arbeiter nicht bloß gegen das Verschulden der Unternehmer, 
sondern auch der eigenen Mitarbeiter handelt. Der Bergwerksbesitzer soll also nur für 
eigene Schuld und für die Verschuldung seiner Offizianten, nicht aber für die seiner Arbeiter 
haften, und der Beweis der Verschuldung muß von dem Teile geführt werden, welcher 
Schadenersatz beansprucht. Aehnliche Grundsätze sollen für die Haftungspflicht der Fabrik- 
unternehmer gelten, namentlich soll diese Pflicht angenommen werden, wenn die polizei- 
lichen Vorschriften für den Betrieb nicht eingehalten worden sind. 
**) Vgl. hierüber auch die „National-Zeitung“ Nr. 407 vom 2. September 1869.
	        
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