Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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Beseitigung der Doppelbesteuerung. Der Ausschuß des Bundes- 
rats für Zoll= und Steuerwesen und der Spezialausschuß für den Gesetzentwurf 
über den Unterstützungswohnsitz erstatteten ihren gemeinschaftlichen Bericht 
über den von Bismarck vorgelegten Gesetzentwurf.') Aus dem Bericht ging 
hervor, daß bei der Beratung der Ausschüsse allseitig anerkannt wurde, wie 
notwendig eine Abstellung der mit der Doppelbesteuerung verbundenen Uebel- 
stände sei. Von dem hessischen Bevollmächtigten wurde jedoch hervorgehoben, 
daß, wenn seine Regierung sich auch der Tendenz des Entwurfs im allgemeinen 
anschlösse, sie doch nicht anerkennen könne, daß die Heranziehung der Bundes- 
angehörigen zu den direkten Steuern der einzelnen Staaten verfassungsmäßig 
ein Gegenstand der Bundesgesetzgebung sei. Der Bundesrat sollte vielmehr nur 
in der Richtung mit der Angelegenheit sich befassen, daß er auf Herbeiführung 
einer bezüglichen Verständigung zwischen den Regierungen hinwirke. Der mecklen- 
burgische Bevollmächtigte erklärte sich mit dieser prinzipiellen Auffassung ein- 
verstanden, verzichtete jedoch auf eine praktische Verfolgung des Widerspruchs. 
Die überwiegende Mehrheit der Bevollmächtigten erklärte sich jedoch dahin, daß 
auf die Vorlage einzugehen sei. Es wurde dann in eine Spezialdiskussion 
eingetreten und schließlich die Vorlage mit einigen Abänderungen angenommen. 
Gesetz vom 13. Mai 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 119). 
Gewerbebetrieb im Umherziehen. Nach § 57 der Gewerbeord- 
nung von 1869 konnte auch Ausländern der Gewerbebetrieb im 
Umherziehen gestattet werden und war der Bundesrat befugt, die in 
dieser Beziehung nötig erscheinenden Bestimmungen zu treffen. Behufs defini- 
tiver Regelung dieser Angelegenheit wurde durch eine Vorlage Bismarcks der 
der Kompetenz des Bundesamts nicht im Wege der einfachen Bundesgesetzgebung würde 
zu geschehen haben. Der letzte Beschluß drückt also die Auffassung der Bundesregierungen 
aus, daß diese anderweite Kompetenzbestimmung des Bundesamts für das Heimatswesen 
eine Aenderung der Bundesverfassung enthalten würde. 
*) Herr v. Holleufer, fürstlich schwarzburgischer Wirklicher Geheimer Rat a. D. und 
königl. preußischer Landrat z. D. veröffentlichte in Dresdener Blättern nachstehenden an ihn 
ergangenen, in Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnten Erlaß: „Berlin, 4. August 1869. 
Euer Hochwohlgeboren erwidere ich ergebenst auf die gefällige Zuschrift vom 26. vorigen 
Monats, in welcher Sie sich über die gleichzeitige Heranziehung zu der Einkommensteuer 
in verschiedenen Bundesstaaten beschweren, daß diese Doppelbesteuerung in der weder durch 
die Verfassung noch durch die bisherige Gesetzgebung des Bundes berührten inneren Steuer- 
gesetzgebung der einzelnen Bundesstaaten begründet ist. Die Beseitigung der aus dem gegen- 
wärtigen, allseitig als unbefriedigend anerkannten Zustande für die Bundesangehörigen folgen- 
den Nachteile ist in das Auge gefaßt, so daß eine Regelung des Gegenstandes, sei es auf 
dem von den Regierungen Preußens und Sachsens betretenen Wege der Vereinbarung 
zwischen den einzelnen Bundesstaaten, sei es auf dem Wege der Bundesgesetzgebung, als 
in Aussicht stehend bezeichnet werden kann. Die Anlagen sind ergebenst wieder beigefügt. 
Der Kanzler des Norddeutschen Bundes. In Vertretung: Delbrück.“
	        
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