Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

gesagt, morgen sei etwas zu erwarten. Alle aber waren denn doch mehr als 
darüber erstaunt, wie Preußen uns behandle und uns unseren heimischen Ge— 
schäften wochenlang entziehe. Ich tröste mich denn auch damit, daß ich dem 
Landtag in Dessau entgehe. Ich glaube, mein Diener fängt auch an, sich zu 
langweilen, und ist erstaunt, daß es keine Sitzungen gibt. Mehrere Minister 
haben Schreiber und Expedienten mit. Die mögen nie eine schönere Zeit ver— 
bracht haben als jetzt hier.“ 
14. Januar 1867. 
„Noch keine Spur von einer bevorstehenden Sitzung. Man hätte auf 
eine ganze Woche nach Hause zurückkehren können, und es ist unbegreiflich, daß 
die preußische Regierung uns hier festhält — oder ihre Einrichtung so schlecht 
getroffen hat, daß nichts fertig ist und wir darauf warten müssen, wie es werde. 
„Von den Kollegen war heute das zweite Drittel bei Prinz Albrecht zu 
Tische, unser Kreis daher klein. Alle erwarten, daß wir den ganzen Monat 
hier bleiben werden. An den bevorstehenden Ordens- und sonstigen Hoffesten 
sollen wir noch teilnehmen, auch an den ersten Karnevalsvergnügen. Auch ich? 
O! wie bekommt man, oder wenigstens ich, den hiesigen Aufenthalt in dem 
Gasthof satt! 
„Am Vormittag geht es mit den Dessauer Arbeiten wie zu Hause; doch 
schickt M. eigentlich wenig. Dann frühstücke ich kalt gegen 1 Uhr, gehe, wenn 
das Wetter es erlaubt, ein wenig umher, bin gegen 2 Uhr zurück und sitze 
und warte bis gegen 4 Uhr, wo ich zum Essen fahre. Dies ist der Glanz- 
punkt des Tages; er dauert bis 6, halb 7 Uhr, und dann zu Haus und ein- 
sam festgesessen. Dieses Leben fortzuführen — ich kann mir zuweilen vor- 
stellen, ich sei ein alter, hier domizilirter Herr — wäre mir nicht möglich. 
Freilich bin ich gar nicht daran gewöhnt. Aber, was würde ich beginnen? 
Regelmäßig irgend wohin, in das Theater und so weiter gehen? — Gewiß 
gibt es Zahllose, die hier ebenso vereinsamt leben wie ich und sich möglichst 
amüsiren. Aber die haben auch früher ein anderes Leben geführt als unser 
einer. Na, es sind ja übermorgen schon fünf Wochen, seit die Bündnis- 
besprechungen begannen, und vierzehn Tage, mit drei Sitzungen, seit wir 
hierher zurückgekehrt sind. Nur zu rasch verfließt die Zeit, und so werden wir 
ja endlich auch zu einem Ende gelangen, sobald nur der Anfang wirklich be- 
gonnen hat. Doch ich höre lieber auf, aus langer Weile selbst langweilig zu 
werden.“ 
* 
15. Januar 1867. 
„Völlig beschäftigungsloses Schlaraffenleben. Heute bei Tische wollten 
einige wissen, woran der Grund der unbegreiflichen Verzögerung liege; denn 
auch heute ist noch keine Einladung zu einer Sitzung erfolgt. Es soll nämlich
	        
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