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dieses Amendements für absolut unzulässig, weil durch dessen Annahme die
einheitliche Rechtsbildung innerhalb des Norddeutschen Bundes in einem der
wichtigsten Punkte beeinträchtigt werden würde.
Darauf sprach sich auch der Bevollmächtigte für beide Mecklenburg gegen
die Annahme des Amendements aus. Der substituirte Bevollmächtigte für das
Großherzogtum Sachsen erklärte: Sachsen-Weimar würde eventuell für gänz-
liche Beseitigung der Todesstrafe stimmen, um das Strafgesetzbuch zu stande zu
bringen, erachte es aber vom nationalen Standpunkte aus nicht für zulässig,
daß in dieser Materie die verschiedenen Bundesstaaten verschieden behandelt
werden, sobald ein allgemeines Strafgesetzbuch für den Bund geschaffen werden
soll. Endlich erklärte Staatsrat Buchholtz: Die oldenburgische Regierung hätte
dem Amendement nur dann zustimmen können, wenn durch dessen Annahme die
Verständigung mit dem Reichstag erleichtert worden wäre. Da dies nach der
Erklärung Preußens nicht der Fall sei, so habe auch er gegen die Annahme
des Amendements zu stimmen. Es wurde hierauf mit allen gegen die
Stimmen des Königreichs Sachsen beschlossen, das Plancksche Amendement für
unannehmbar zu erklären.)
Bei der Schlußabstimmung wurde das Strafgesetzbuch im Bundesrat ein-
stimmig angenommen. Die sächsische Regierung gab dabei die Erklärung ab,
daß, obschon die von ihr im Interesse der Sache vorgebrachten Einwendungen
und Bedenken keine Beachtung gefunden, sie doch in Berücksichtigung des nationalen
Zweckes dem Gesetzentwurfe ihre Zustimmung zu erteilen nicht anstehen wolle.
In ähnlicher Weise hatten die Bevollmächtigten der beiden mecklenburgischen,
der hessischen, der oldenburgischen und der meiningenschen Regierung ihre Ab-
stimmungen motivirt.
Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund vom 31. Mai 1870 (Bundes-
Gesetzbl. S. 197).
Jurisdiktionsverträge mit Baden und Hessen gelangten in
dieser Session zur Perfektion und wurden vom Kanzler dem Bundesrat zur
Beschlußfassung vorgelegt. Vertrag mit Baden vom 14. Januar 1870“")
(Bundes-Gesetzdl. S. 67) und mit Hessen vom 11. März 1870 (Bundes-
Gesetzbl. S. 607).
Gerichtsverfassungs= und Konkursgesetz. Am 23. Januar 1870
richtete Bismarck nachstehendes Schreiben*“) an den Bundesrat:
„In der Sitzung des Bundesrats vom 10. Juni v. J. ist beschlossen
worden, dem vom Reichstag wegen Abänderung des Artikels IV. 13 der
*) Von allerlei sonstigen Meinungsverschiedenbeiten im Bundesrat weiß Schultheß
Europäischer Geschichtskalender unter 25.—28. Mai 1870 zu berichten.
*“) Vgl. die „National-Zeitung“ Nr. 37 vom 23. Januar 1870 und Nr. 315 vom
10. Juli 1870.
***) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.