Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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dieses Amendements für absolut unzulässig, weil durch dessen Annahme die 
einheitliche Rechtsbildung innerhalb des Norddeutschen Bundes in einem der 
wichtigsten Punkte beeinträchtigt werden würde. 
Darauf sprach sich auch der Bevollmächtigte für beide Mecklenburg gegen 
die Annahme des Amendements aus. Der substituirte Bevollmächtigte für das 
Großherzogtum Sachsen erklärte: Sachsen-Weimar würde eventuell für gänz- 
liche Beseitigung der Todesstrafe stimmen, um das Strafgesetzbuch zu stande zu 
bringen, erachte es aber vom nationalen Standpunkte aus nicht für zulässig, 
daß in dieser Materie die verschiedenen Bundesstaaten verschieden behandelt 
werden, sobald ein allgemeines Strafgesetzbuch für den Bund geschaffen werden 
soll. Endlich erklärte Staatsrat Buchholtz: Die oldenburgische Regierung hätte 
dem Amendement nur dann zustimmen können, wenn durch dessen Annahme die 
Verständigung mit dem Reichstag erleichtert worden wäre. Da dies nach der 
Erklärung Preußens nicht der Fall sei, so habe auch er gegen die Annahme 
des Amendements zu stimmen. Es wurde hierauf mit allen gegen die 
Stimmen des Königreichs Sachsen beschlossen, das Plancksche Amendement für 
unannehmbar zu erklären.) 
Bei der Schlußabstimmung wurde das Strafgesetzbuch im Bundesrat ein- 
stimmig angenommen. Die sächsische Regierung gab dabei die Erklärung ab, 
daß, obschon die von ihr im Interesse der Sache vorgebrachten Einwendungen 
und Bedenken keine Beachtung gefunden, sie doch in Berücksichtigung des nationalen 
Zweckes dem Gesetzentwurfe ihre Zustimmung zu erteilen nicht anstehen wolle. 
In ähnlicher Weise hatten die Bevollmächtigten der beiden mecklenburgischen, 
der hessischen, der oldenburgischen und der meiningenschen Regierung ihre Ab- 
stimmungen motivirt. 
Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund vom 31. Mai 1870 (Bundes- 
Gesetzbl. S. 197). 
Jurisdiktionsverträge mit Baden und Hessen gelangten in 
dieser Session zur Perfektion und wurden vom Kanzler dem Bundesrat zur 
Beschlußfassung vorgelegt. Vertrag mit Baden vom 14. Januar 1870“") 
(Bundes-Gesetzdl. S. 67) und mit Hessen vom 11. März 1870 (Bundes- 
Gesetzbl. S. 607). 
Gerichtsverfassungs= und Konkursgesetz. Am 23. Januar 1870 
richtete Bismarck nachstehendes Schreiben*“) an den Bundesrat: 
„In der Sitzung des Bundesrats vom 10. Juni v. J. ist beschlossen 
worden, dem vom Reichstag wegen Abänderung des Artikels IV. 13 der 
*) Von allerlei sonstigen Meinungsverschiedenbeiten im Bundesrat weiß Schultheß 
Europäischer Geschichtskalender unter 25.—28. Mai 1870 zu berichten. 
*“) Vgl. die „National-Zeitung“ Nr. 37 vom 23. Januar 1870 und Nr. 315 vom 
10. Juli 1870. 
***) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.
	        
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