Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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mit den gegen die Normativbestimmungen gemachten Einwendungen nur in so 
weit zu beschäftigen haben, als zu erörtern war, ob eine Beseitigung oder 
Aenderung derselben, „nach Maßgabe der eingegangenen Bemerkungen“ für zu— 
lässig zu halten sei; ferner mit der Forderung, daß die Bestimmungen für alle 
Aktiengesellschaften, also auch für die Aktiengesellschaften, die nicht Handels- 
gesellschaften sind, Anwendung finden können. Als der hiernach umgearbeitete 
Entwurf?) zum zweiten Mal an den Justizausschuß gelangte, hielt derselbe nach 
wie vor an der Ansicht fest, daß die Aktiengesellschaften volkswirtschaftlich von 
großem Interesse seien, wesentliche Fortschritte für die Zivilisation hervorgebracht 
hätten, daß daher einschränkende Maßregeln in ihrer Entwicklung zu vermeiden 
seien. Dennoch sei es geboten, die Geschäftsform, wenn man sie allen frei- 
gibt, mit strengen Normen, ja selbst mit Strafvorschriften auszustatten. Für 
die Beurteilung der Frage, ob man mehr nach Strenge oder mehr nach Frei- 
heit zu streben habe, verwies der Bericht in sehr eingehender Weise auf die 
einschlägigen Verhältnisse in England, Frankreich und schließlich in Italien. 
Es wurde daraus nachgewiesen, daß man in England wie in Frankreich sehr 
umständliche Formvorschriften für Aktiengesellschaften für notwendig gehalten 
hatte und daß beide Gesetzgebungen eine Kontrolle durch dazu designirte Mit- 
glieder hatten; in England und Italien hatte man außerdem noch das Anrufen 
und die Einmischung der Staatsbehörden gestattet. Im Ausschuß verschaffte 
sich die Ansicht Geltung, daß der Entwurf im ganzen nicht an einem Ueber- 
maß einengender Formen leide. Schließlich wurde der Entwurf mit den von 
der Kommission empfohlenen Modifikationen“) dem Bundesrat zur Annahme 
unterbreitet. 
Der wiederholte Protest Hamburgs vermochte dieselbe hier nicht aufzuhalten. 
Das Bundespräsidium wurde übrigens ersucht, im Auftrage der vereinigten 
Regierungen mit den süddeutschen Staaten wegen Anschlusses an dies Gesetz 
und die darin enthaltenen Abänderungen des deutschen Handelsgesetzbuches sich 
ins Einvernehmen zu setzen. 
Gesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktien- 
gesellschaften. Vom 11. Juni 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 375).") 
Haftpflicht. Der in Gemäßheit eines Bundesratsbeschlusses vom Jahre 
1869 von dem Kanzler vorgelegte Gesetzentwurf x) über die Entschädigungspflicht 
  
  
*) Eine Analyse findet sich in der „National-Zeitung“ Nr. 182 vom 20. April 1870. 
**) Vgl. die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 108 vom 10. Mai 1870. 
**) Ein Schreiben des Kanzlers an den Bundesrat bezog sich auf das Verhältnis des 
königl. sächsischen Gesetzes vom 15. Juni 1868 über juristische Personen zum Bundesgesetze 
über das Genossenschaftswesen. 
4) Resumé des dem Bundesrat vorgelegten Entwurfes s. „National-Zeitung“ Nr. 219 
vom 13. Mai 1870; Nr. 303 vom 3. Juli 1870 und „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ 
Nr. 153 vom 5. Juli 1870.
	        
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