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seiner nur im allgemeinen von ihm angedeuteten Bedenken vorbehalten und
daher keine Bedenken getragen habe, seine damaligen Aussagen nachträglich für
die Aufnahme in das Protokoll, wie geschehen, noch näher zu detailliren“ —
hielt der preußische Bevollmächtigte, Ministerialdirektor Moser, auch seinerseits
noch eine Erwiderung auf die einzelnen Bemerkungen Lübecks und Hamburgs
für zulässig und beantragte die Aufnahme einer Erklärung") in das Protokoll,
*) Diese Erklärung lautete: Das Verfahren für die Prüfung der Seesteuerleute und
Seeschiffer, wie es jetzt allgemein in die Seestaaten des Norddeutschen Bundes eingeführt
werden soll, besteht im wesentlichen bereits seit länger als vierzig Jahren in den preußi-
schen Ostseeprovinzen, und hat weder dem Schiffer= noch dem Rhederstande zu irgend welchen
Beschwerden Veranlassung gegeben. Gleichwohl ist den auf Erleichterung gerichteten An-
trägen der Hansestädte so weit entgegen gekommen, als dies geschehen konnte, ohne den bis
jetzt in Preußen verlangten Bildungsgrad der Steuerleute und Schiffer gegen die sehr be-
stimmt ausgesprochenen Wünsche der Beteiligten über das zulässige Maß herabzudrücken.
Bei Feststellung der Normen für das Prüfungsverfahren war als leitender Gesichtspunkt
festzuhalten, daß die gleichmäßige Erfüllung der vom Bundesrat erlassenen Vorschriften
über den Nachweis der Befähigung der Seeschiffer und Seesteuerleute möglichst sichergestellt
werde. Wenn zu diesem Zwecke unter anderem trotz der Einsetzung von Bundesinspektoren
die Zuziehung eines zweiten Navigationslehrers bei den Prüfungen für die große Fahrt
verlangt ist, so wird darin eine überflüssige Kontrolle nicht zu finden sein, denn einesteils
kann der Natur der Sache nach der Bundesinspektor nicht allen Prüfungen beiwohnen,
andernteils ist demselben die ursprünglich in Aussicht genommene Mitwirkung bei den
Prüfungen entzogen worden. Die Ausführung der betreffenden Vorschrift wird in den
Hansestädten auch keineswegs besondere Schwierigkeiten oder Kosten verursachen, denn in
der unmittelbaren Nähe derselben befinden sich preußische, oldenburgische und mecklen-
burgische Navigationsschulen, die gern bereit sein werden, Lehrer zu den Prüfungen zu
kommittiren. Ein Uebermaß der Anforderungen bei der schriftlichen Prüfung der Steuer-
leute und der Schiffer wird durch die bloße Anzahl der zu lösenden Aufgaben noch nicht
dargethan, es würde vielmehr nachzuweisen sein, daß Unnötiges verlangt werde. In
Preußen mußten bisher bei diesen Prüfungen erheblich mehr schriftliche Aufgaben gelöst
werden. Gerade auf die schriftliche und praktische Prüfung ist aber deshalb ein besonderes
Gewicht zu legen, weil nur durch sie die Ueberzeugung gewonnen werden kann, daß der
Schiffer am Bord, wo ihm jede fremde Hilfe fehlt, die erforderlichen Beobachtungen anzu-
stellen und aus ihnen richtige Ergebnisse, von denen das Wohl und Wehe des Schiffes
und der Mannschaft abhängt, berzuleiten vermag. Gegenüber der Hinweisung auf andere
gewerbliche Prüfungen ist aber zu bemerken, daß in Bezug auf den Umfang der dem
Schiffer nach dem Gesetze zustehenden Befugnisse, seine Verantwortlichkeit und die Schwierig-
keit der Ausübung der Seeschiffahrt kein anderes Gewerbe mit dieser zu vergleichen ist,
und daß nach § 13 des Bundesgesetzes, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienste,
vom 9. November 1867, junge Seeleute, welche das Steuermannsexamen gemacht haben,
zur Ableistung des einjährigen Freiwilligendienstes in der Marine berechtigt sind, bei Erlaß
dieser Bestimmung aber jedenfalls vorausgesetzt worden ist, daß bei jenem Examen nicht
ausschließlich der Besitz der notwendigen gewerblich-technischen Kenntnisse konstatirt werde.
Daß detaillirte Vorschriften über die Erteilung der Zensuren in kleineren Staaten mit
einer Navigationsschule und ein er Prüfungskommission entbehrlich sind, kann zugegeben
werden. Dagegen ist in einer Gemeinschaft von Staaten mit einer großen Zahl von
Schulen und Prüfungskommissionen die Gleichmäßigkeit der Anforderungen und die überall
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. I. 21