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Die Vorlagen Bismarcks betreffend den außerordentlichen Geld—
bedarf der Militär= und Marineverwaltung (Gesetz vom 21. Juli
1870, Bundes-Gesetztdl. S. 491) und wegen des ferneren Geldbedarfs
für die Kriegführung (Gesetz vom 29. November 1870, S. 619)*)
wurden glatt erledigt.
10. Der Kusbruch des Krieges gegen Frankreich.
Im Jahre 1870 bei Ausbruch des Krieges machte Bismarck dem Bundes-
rat zum erstenmal?*') seit dem Bestehen des Norddeutschen Bundes politische
Eröffnungen. In der Sitzung vom 16. Juli hielt derselbe folgenden münd-
lichen Vortrag:
„Die Ereignisse, durch welche Europa im Laufe der letzten vierzehn Tage
aus dem Zustande einer seit Jahren nicht erlebten Ruhe zum Ausbruch eines
großen Krieges geführt ist, haben sich so sehr vor aller Augen vollzogen, daß
eine Darstellung der Genesis der augenblicklichen Lage kaum etwas anderes sein
kann als eine Zusammenstellung bekannter Thatsachen.
Man weiß aus den Mitteilungen, welche der Herr Präsident des spanischen
Ministerrats am 11. v. M. in der Sitzung der konstituirenden Cortes machte,
aus der, durch die Presse veröffentlichen Zirkulardepesche des spanischen Herrn
Ministers des Auswärtigen vom 7. d. M. und aus einer Erklärung, welche
Herr Salazar y Mazarredo vom 8. d. M. in Madrid drucken ließ, daß
die spanische Regierung seit Monaten mit Sr. Durchlaucht dem Erbprinzen
Leopold von Hohenzollern über die Annahme der spanischen Krone
unterhandeln ließ, daß diese dem Herrn Salazar übertragenen Unterhand-
lungen, ohne Beteiligung oder Dazwischenkunft irgend einer andern Regierung,
unmittelbar mit dem Prinzen und dessen erlauchtem Vater geführt wurden,
und daß Se. Durchlaucht sich endlich entschloß, die Thronkandidatur anzunehmen.
Se. Majestät der König von Preußen, welchem hiervon Anzeige gemacht wurde,
hat nicht geglaubt, dem von einem großjährigen Fürsten nach reiflicher Ueber-
legung und im Einverständnisse mit dessen Herrn Vater gefaßten Entschlusse
entgegentreten zu sollen.
Dem Auswärtigen Amt des Norddeutschen Bundes wie der Regierung
Sr. Mgcjestät des Königs von Preußen waren diese Vorgänge vollständig fremd
geblieben. Sie erfuhren erst durch das am 3. d. M. Abends aus Paris ab-
*) Vgl. wegen des Ausschußberichts die „National-Zeitung“ Nr. 558 vom 23. November
1870. In das Gebiet der Kassensachen gehört ein Antrag des Kanzlers, betreffend die
Beschaffung der Deckungsmittel für die Bundesausgaben auf das Jahr 1871. Ueber In-
balt und Schicksal dieses Antrags hat nichts verlautet.
**) Daß Biemarck 1867 dem Bundesrat Eröffnung in Sachen der Luxemburger Streil-
frage gemacht habe, ist nicht bekannt.