Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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Rechten eines Nachbarvolkes verpflichtet zu sein, zu dulden, daß „eine fremde 
Macht“, indem sie einen ihrer Prinzen auf den Thron Karls V. setze, zum 
Nachteile Frankreichs das gegenwärtige Gleichgewicht der Kräfte in Europa 
stören und das Interesse und die Ehre Frankreichs gefährden dürfe. 
Nach einer solchen Erklärung war der Herr Botschafter nicht mehr in der 
Lage, Aufklärungen nach Paris gelangen zu lassen. Sein dortiger Vertreter 
wurde am 9. d. M. von der Sachlage in Kenntnis gesetzt, wie sie schon am 
4. dem Herrn Geschäftsträger Frankreichs hier bezeichnet war. Die Angelegen- 
heit, wurde ihm gesagt, geht nicht Preußen und Deutschland, sondern nur 
Spanien und dessen Thronkandidaten etwas an. Die Verhandlungen mit dem 
letzteren hat der Marschall Prim direkt führen lassen. Seine Mcjestät der König 
von Preußen habe aus Achtung für den Willen Spaniens und des Prinzen 
eine Einwirkung auf diese Verhandlungen weder üben wollen noch geübt und 
daher diese Kandidatur weder befördert, noch vorbereitet. 
Inzwischen hatte die kaiserlich französische Regierung ihren auf Urlaub in 
Wildbad weilenden Botschafter bei Sr. Moajestät und dem Bunde beauftragt, 
sich nach Ems zu begeben. Herr Graf Benedetti wurde am 9. Juli von Sr. 
Majestät wohlwollend empfangen, obschon der Aufenthalt des Königs im Bade 
und die Abwesenheit aller Minister geschäftliche Anforderungen an Se. Maje- 
stät auszuschließen schienen. Die Mitteilungen des Botschafters stimmten mit 
den Eröffnungen überein, welche der Herr Duc de Gramont dem Herrn Frei- 
herrn v. Werther gemacht hatte; er appellirte an die Weisheit Sr. Majestät, 
um durch ein an den Prinzen zu richtendes Verbot das Wort zu sprechen, 
welches Europa die Ruhe wieder gebe. Es wurde ihm erwidert, daß die Un- 
ruhe, von welcher Europa erfüllt sei, nicht von einer Handlung Preußens, 
sondern von den Erklärungen der kaiserlichen Regierung im Corps législatif 
herrühre. Die Stellung, welche Se. Majestät der König als Familienhaupt 
zu der Frage eingenommen, wurde als eine außerhalb der Staatsgeschäfte 
liegende bezeichnet, und eine jede Einwirkung auf den Fürsten und den Prinzen 
von Hohenzollern, als ein Eingriff in deren berechtigte freie Selbstbestimmung, 
abgelehnt. 
So war es dann auch ein Akt freier Selbstbestimmung, daß der Erbprinz 
am 12. d. M. im Gefühle der Verantwortlichkeit, welche er, der eingetretenen 
Sachlage gegenüber, durch die Aufrechthaltung seiner Kandidatur übernommen 
haben würde, dieser Kandidatur entsagte und der spanischen Nation die Frei- 
heit ihrer Initiative zurückgab. Die preußische Regierung erhielt die erste Nach- 
richt von diesem Schritte aus Paris. Der dortige spanische Gesandte überbrachte 
nämlich das Telegramm des Fürsten dem Herrn Duc de Gramont in dem 
Augenblick, als letzterer den Herrn Frhrn. v. Werther empfing. 
Der Botschafter hatte am 11. d. M. Ems verlassen und war am 12. 
wieder in Paris eingetroffen. In einer Unterredung, welche er an demselben
	        
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