Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

19. Januar 1867. 
„Wegen einer kleinen Erkältung die Einladung zum Ordensfest und Tafel 
im großen Schloß abgeschrieben, wobei man sich sehr exponiren muß.“ 
* 
20. Januar 1867. 
„Die Diners haben sehr abgenommen. Ich bin damit, nachdem ich sie 
kennen gelernt, sehr einverstanden; man ist den Gewohnheiten doch zu fremd, 
um sich im Alter ein Mittagessen um 5 Uhr zu gestatten, wozu man um 12 
bis 1 Uhr ein tüchtiges Frühstück einnehmen muß, darnach aber zum Ar- 
beiten und Denken weniger aufgelegt ist. 
„N. besuchte mich heute schon um 9 Uhr in weißen Hosen. Auch einge- 
laden zum Ordensfest! — Nach seiner Beschreibung doch eine bösartige Partie. 
Man fährt nach dem Schloß, steigt aus, die Bedienten dürfen nicht vom 
Wagen, ergo in bloßer Gala zwei Treppen hinan — dabei gerate ich schon 
in Schweiß! in eine Kirche mit kolossaler Kuppel, in welcher die Wärme der 
nicht gesparten Heizung steckt, so, daß die Damen die Mäntel umthun; Gottes- 
dienst; Rückzug durch weitläufige Appartements in einen großen Saal, wo 
König und Königin auf Thronen sitzen, Prinzen und Prinzessinnen und übriges 
Publikum stando, Vorruf der neuen Ritter, Serviteur vor den Majestäten; 
endlich Abmarsch in die Speisezimmer, wo diesesmal 2000 Mann speisen 
(15.000 Thaler). Jeder setzt sich, wo er Platz findet; Nachbar kann eine 
Excellenz oder ein dekorirter Schutzmann sein. Schließlich, wenn es finster wird, 
Rückzug, und nun kommt die böseste Partie, mantelloses Warten auf der Treppe, 
bis man Bedienten und Wagen erreicht. 
„Gestern abend 10 Uhr Einladung von Savigny zum Montag zwischen 
12 und 1 Uhr zur Unterschrift des Protokolls vom 18.1 Wozu das? 
und wir haben ja schon unterschrieben! wobei zu bemerken, daß die Kanzlei 
des königl. preußischen Staatsministerii nur Gänsefedern, keine Stahlfedern 
führt, was ich schon längst der Sonderbarkeit wegen habe vermerken wollen. 
Da nun, wie schon bemerkt, um 1 Uhr Sitzung verabredet ist, so setze ich 
eine solche, der Unterschrift nachfolgende, voraus. Vielleicht kommt auch 
abends 10 Uhr eine zweite Einladung; das ist so der hiesige Moment zum 
Insinuiren. 
„Inzwischen kam N. (der Besucher des Ordensfestes) zurück, sehr zufrieden, 
daß ich mich nicht exponirt habe. Fürsten und Herzöge (zum Beispiel Usjest) 
hätten sich aus der Kapelle auf die Treppen zurückgezogen, um sich dort zu 
wärmen; in vielen Speisezimmern war nicht geheizt gewesen, man hatte darauf 
gerechnet, daß die Oefen, auf denen die Speisen erwärmt hereingetragen werden, 
und die Menschenzahl die erforderliche Wärme schaffen sollten."
	        
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