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rats nach aufgehobener Sitzung in Gruppen zusammen und tauschten ihre Ge—
danken und Gefühle gegenseitig aus. Aber trotz aller Enttäuschung und Ver-
stimmung sprach sich doch schon in diesem Gespräch allseitig die Ansicht aus:
soviel diese Verträge auch zu wünschen übrig lassen, man muß sie, wenn nur
die Wahl zwischen Annahme und Verwerfen besteht, im Bundesrat annehmen,
wie sie sind, damit die deutschen Staaten vor allem nur in dem jetzigen
günstigen Augenblicke, wie er so leicht nicht wieder kommt, unter ein festes Dach
gebracht werden, und von der Zukunft muß man den besseren inneren Ausbau
vertrauensvoll hoffen.
Die Abstimmung Weimars, die vorher in einer Besprechung der Vertreter
der thüringischen Staaten formulirt worden war, lautete:
„Die großherzoglich sächsische Staatsregierung stimmt für die Genehmigung
der Vorlage über den Beitritt Bayerns zu der Verfassung des Deutschen Bundes.
Denn wenn auch dieser Beitritt unter Bedingungen erfolgen soll, welche un-
erwünschte Ausnahmestellungen im Bunde begründen, so werden doch die da-
durch erregten Bedenken bei ihr überwogen einerseits von der Ueberzeugung,
daß nach Lage der Umstände zur Zeit Vollkommeneres gewiß nicht zu erreichen
war, ein baldiger Abschluß aber auch auf der dargebotenen Grundlage immer-
hin noch als ein wichtiger Fortschritt begrüßt werden muß, andererseits von
dem Vertrauen, daß das hohe Bundespräsidium, wie zeither so auch ferner, die
Bundesinteressen mit ungeteilter Kraft zum Heile Deutschlands zu vertreten
wissen werde, und endlich von der Hoffnung, daß das neue bundesstaatliche
Zusammenleben im Laufe der Zeit von selbst Mißstände beseitigen werde, die
aus den erwähnten Ausnahmestellungen hervorgehen können!“
In der Bundesratssitzung vom 1. Dezember gab der Staatsminister Stich-
ling diese Abstimmung für Weimar ab, und sämtliche übrigen thüringischen Be-
vollmächtigten, ingleichen Anhalt und Lippe, schlossen sich ihr pure an, so daß
sie im Protokolle als eine Kollektivabstimmung erschien.
Interessant ist die Haltung, welche der mecklenburgische Bevollmächtigte,
Minister v. Bülow einnahm. Bülow fand, daß die Bayern eingeräumten
Sonderrechte die Gleichberechtigung stören und die geschäftliche Behandlung im
Bundesrat erschweren würden, daß sogar die privilegirte Stellung Bayerns
(Gesandtschaftsrecht, Vorsitz bei Behinderung Preußens, fester Sitz im Militär-
ausschuß u. s. w.) für die anderen Regierungen verletzend sei. Auch die
Einführung eines diplomatischen Ausschusses, bestehend aus Bayern, Sachsen
und Württemberg, erregte sein Bedenken. Es sei dies eine unliebsame Reminis-
cenz an das Dreikönigsbündnis von 1849.
„Wir sind aber,"“ schrieb Bülow seinem Landesherrn, „doch zu der Ueber-
zeugung gelangt, daß — da es vielleicht nicht möglich sei, Eurer Königl. Hoheit
Instruktion rechtzeitig zu erhalten — die Verantwortung einer Ablehnung noch
größer sein werde als die der Annahme. Wir haben uns namentlich sagen