Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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gegen den ausgesprochenen Willen des Landtags und der Bevölkerung in jenem 
Ländchen zu halten. Herr v. Bertrab, der ehemalige preußische Landrat, ge- 
hörte 1866 zu den entschiedensten Feinden Preußens und sandte das Rudol- 
städter Kontingent den Bundestagsanordnungen entsprechend zur Besatzung von 
Mainz. Es war nicht sein Verdienst, sondern das einer Freundin des alten 
Fürsten, daß die Truppen noch unterwegs von einem Gegenbefehl erreicht und 
dann in die preußischen Reihen zum Angriff auf die Festung Mainz gestellt 
wurden. Herrn v. Bertrabs damalige feindliche Haltung erklärt sich übrigens 
zur Genüge aus seiner ultramontanen Gesinnung: er ist nicht allein Katholik, 
sondern ein Jesuitenzögling, und dies auch gerade der Hauptgrund, weshalb 
die Vertreter einer protestantischen Bevölkerung sein drückendes Joch um jeden 
Preis abzuschütteln wünschen. Sie daran direkt oder indirekt zu verhindern, 
kann unmöglich die Sache der Bundesorgane sein. Fehlt es an einem Bundes- 
gericht zur Entscheidung des eigentlichen Streitfalls, so doch nicht an der ver- 
fassungsmäßigen Handhabe zur Exekution der liquiden Forderung des Bundes; 
und da diese nötigenfalls bis zur Sequestration der Regierung des Landes 
gehen kann, so verfügt die Bundesgewalt über die nötigen Mittel, ihr Interesse 
gleichzeitig mit dem Willen und Interesse des Landes zu befriedigen." 
Ratzeburger Verfassungsangelegenheit. Die von Einwohnern 
des Fürstentums Ratzeburg an den Bundesrat gerichtete Petition, die dortigen 
Verfassungsangelegenheiten betreffend, wurde vom Bundesrat als ungerechtfertigt 
zurückgewiesen. Dem zu Händen des Advokaten Kindler in Schönberg an die 
Petenten erlassenen Bescheide des Bundeskanzlers war zu entnehmen, daß die 
Zurückweisung erfolgt war, „weil eine Verfassungsstreitigkeit im Sinne des 
Artikels 76 der Bundesverfassung nicht vorliegt, und weil die Verfassung, welche 
für das Fürstentum Ratzeburg unter dem 6. November 1869 erlassen ist, der 
dem Beschlusse des Bundesrats vom 28. Oktober 1867 vorausgegangenen Er- 
klärung des Bevollmächtigten für Mecklenburg-Strelitz um so mehr entspricht, als 
die großherzogliche Regierung durch ihren Bevollmächtigten bei der Beratung 
über die vorliegenden Petitionen zum § 7 der Verfassung vom 6. November 
1869 hat erklären lassen: daß nicht beabsichtigt werde, von dem auf die Gesetz- 
gebung für das gesamte Großherzogtum sich beziehenden Vorbehalt einen anderen 
Gebrauch zu machen, als dieses auch dem anderen mit Verfassung versehenen 
Teile des Landes gegenüber geschieht, daß also, soweit irgend thunlich, vor 
Emanirung von Gesetzen, welche das ganze Großherzogtum umfassen sollen, 
zuvor das ratsame Erachten der Vertreter des Fürstentums erfordert werden 
würde."“ 
Belohnungen an Seeleute für Hilfe in Seenot. Die Anträge 
des Ausschusses in Bezug auf den bremischen Antrag wegen Verleihung 
von Belohnungen an Seeleute für Hilfe in Seenot, welche in der
	        
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