Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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21. Januar 1867. 
„Wegen meiner Erkältung bei Thiles abgeschrieben. Thut mir sehr leid, 
in allem Ernst, denn das einsame Leben im Gasthof bei 3 Grad Kälte wird 
nachgerade wie ein anständiges Gefängnis. Mein Diener ist wieder zur Leih— 
bibliothek gewandert! Herrliche Beschäftigung eines Ministers zur Abschließung 
eines norddeutschen Bundesvertrages, von der niemand etwas erfahren darf; 
denn wir werden ganz einfach um unsere Zeit geprellt, die wir zu Hause 
nötiger verwenden könnten. 
„Zwischen 12 und 1 Uhr also soll ich zur Unterschrift nach dem 
Staatsministerium. Transspirire ich fort, so bleibe ich zu Hause; denn nach 
Watzdorfs Bestellung an mich folgt keine Sitzung hinterher. Richtig; keine 
Sitzung, aber nachgerade alle Minister der kleineren Staaten vereint, um sich 
wenigstens zu besprechen. Keiner wußte etwas, jeder schüttelte den Kopf. Dar— 
auf wandte sich einer an den schon genannten Lothar Bucher, und der verriet 
dann sachte: „Den Mittwoch — also richtig den 23.1 — solle eine Haupt- 
sitzung sein.“ Dieser werde, sagte ferner später Graf Beust, Bismarck präsidiren, 
wie er gestern ihm selbst gesagt habe. Auch hoffe Bismarck nun auf baldige 
Erledigung, da ja nichts als der Geldpunkt noch streitig sei. Freilich 
ist das der wichtigste für uns, aber nicht für alle; so namentlich Sachsen 
gegenüber der Fahneneid. 
„Nach allem, was ich nur erfahren konnte, ist jedoch nicht darauf zu rechnen, 
daß die Konferenzen in laufender Woche zu Ende gelangen, sondern vielleicht 
tief in die folgende hineingeraten werden. v. Oheimb fürchtet, hier noch die 
Lerche hören zu müssen. Der dissensus der preußischen Fachminister, von dem 
ich neulich schon schrieb, existirt allerdings und ist noch nicht gehoben. 
„Nun wissen wir auch, warum wir zum Unterschreiben zusammengeblasen 
worden sind: nämlich das Protokoll soll eiligst gedruckt und publizirt werden. 
„Das Beste des heutigen Tages ist, daß mein Diener Weißbier entdeckt 
hat, was heimlich geholt wird. 
„Nun ist es wieder Abend. Ich schreibe diese Zeilen, schicke sie nachher 
zur Post, wo S. (der Diener) ein ganz bekannter Mann geworden ist, — als- 
dann messe ich die Diagonale meines Zimmers, 14 Schritt, so und so oft 
wiederholt, ist gleich dem Umgang in unserem Garten. Das ist meine körper- 
liche Bewegung. 
„Hole der Teufel das Vergnügen von diesem Berliner Leben!“ 
22. Januar 1867. 
„Ich glaube nun doch, daß der Kulminationspunkt der Konferenzen erreicht 
ist. Denn jeder ennuyirt sich so gründlich, daß wohl keiner noch einmal so 
lange zu halten sein dürfte wie bisher. Manche — zum Beispiel v. Bülow= 
Strelitz — gehen zuweilen nach Hause. Der logirt freilich bei einer hier ver-
	        
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