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beschloß derselbe, für seine Verhandlungen vorläufig die Geschäftsordnung in
Anwendung zu bringen, welche im Entwurf vom Bundespräsidium vorgelegt
worden war. Nach den Bestimmungen dieser Geschäftsordnung hatte der Bundes-
rat einen Protokollführer zu wählen, und wurde dieses Amt dem Legationsrat
Lothar Bucher übertragen, welcher schon bei den Verhandlungen der Bundes-
bevollmächtigten über den Verfassungsentwurf in gleicher Eigenschaft thätig war.
Der Geschäftsordnungsentwurf wurde zur Vorberatung einem Ausschuß über-
wiesen, in welchem Preußen (Präsident Delbrück), Königreich Sachsen (Staats-
minister Freiherr v. Friesen) und Schwarzburg-Rudolstadt (Staatsminister
v. Bertrab) vertreten waren. Nach dem Bericht dieser Kommission erfolgte
später die endgiltige Feststellung der Geschäftsordnung.
Dieselbe bestand aus 21 Paragraphen, die in 4 Kapitel abgeteilt waren.
Das erste Kapitel handelte von der Ordnung der Sitzungen, das zweite von
der Ordnung der Gegenstände der Verhandlung und ihrer Beratung, das dritte
von der Ordnung des Geschäftsganges, das vierte von den Ausschüssen. Im
zweiten Kapitel wurden hinsichtlich der Abstimmungen die Vorschriften wider-
holt, welche nach der Verfassung dafür maßgebend waren, mit genauer Präzi-
sirung der Gegenstände, bei denen die Mehrheit nur dann entscheidend ist, wenn
sich unter den dieselbe bildenden Stimmen die des Präsidiums befindet. Diese
Gegenstände waren: Auflösung des Reichstags während der Dauer der Legis-
laturperiode; Gesetzentwürfe über Aenderungen in den bestehenden Militär= und
Marine-Einrichtungen; Handels= und Schiffahrtsverträge; Gesetzentwürfe wegen
Abänderung der bestehenden Anordnungen über das Zollwesen und die Ver-
brauchssteuern sowie über Verwaltungsgegenstände, die sich darauf beziehen;
und der Eintritt der süddeutschen Staaten oder eines derselben in den Bund.
In dem Kapitel über die Ausschüsse war bestimmt, daß die fünf aus der Wahl
des Bundesrats hervorgehenden dauernden Ausschüsse durch geheime Abstimmung
bei Beginn jeder Session des Bundesrats gewählt werden, und daß sämtliche
7 dauernde Ausschüsse auch in der Zwischenzeit zwischen den Sessionen des
Bundesrats in Thätigkeit bleiben sollen, so daß die Mitglieder der Ausschüsse
also entweder dauernd am Sitze des Bundesrats sich aufhalten oder zeitweilig
auf Einladung des Präsidialbevollmächtigten sich hier versammeln werden.
Nach Artikel 8 der Bundesverfassung mußten aus der Mitte des Bundes-
rats sieben dauernde Ausschüsse gebildet werden, nämlich 1. für das Landheer
und die Festungen, 2. für das Seewesen, 3. für Zoll= und Steuerwesen,
4. für Handel und Verkehr, 5. für Eisenbahnen, Post und Telegraphen, 6. für
Justizwesen und 7. für Rechnungswesen. Die Verfassung schrieb vor, daß in
jedem dieser Ausschüsse außer dem Präsidium mindestens zwei Bundesstaaten
vertreten sein sollen und zwar mit der Maßgabe, daß in den Ausschüssen jeder
Staat nur eine Stimme führt. Die Mitglieder der beiden ersten Ausschüsse
für das Landheer und für das Seewesen wurden verfassungsmäßig vom Bundes-