Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

aus Allerhöchstem Vertrauen in das Herrenhaus berufen, unterm 14. Februar 1873 
ferner zum Vorsitzenden der zur Prüfung des Eisenbahnkonzessionswesens ein— 
gesetzten Spezialuntersuchungskommission ernannt, schied er im April 1873 aus 
der Seehandlung aus, um als Oberpräsident an die Spitze der Verwaltung 
der Provinz Posen zu treten. Bald darauf (September 1875) erfolgte seine 
Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Prädikat Excellenz. Im 
Juni 1881 wurde ihm der erbliche Adel verliehen. Am 1. August 1886 
wurde ihm die erbetene Entlassung aus dem Staatsdienste gewährt. Seitdem 
trat er nur noch als Mitglied des Herrenhauses öffentlich hervor, so als Vor- 
sitzender der Kommission, welche die Reorganisation der Verwaltung in der 
Provinz Posen vorzubereiten hatte.“) 
Das Verhältnis Bismarcks zu Günther wird am besten durch nachstehendes 
Schreiben illustrirt: 
Berlin, den 20. Mai 1873. 
An den Königl. Oberpräsidenten der Provinz Posen Herrn Günther, 
Hochwohlgeboren Posen. 
Ew. Hochwohlgeboren beehre ich mich ganz ergebenst zu benachrichtigen, daß 
Se. Majestät der Kaiser und König, mit Rücksicht auf die Veränderung Ihrer 
dienstlichen Stellung, durch Allerhöchsten Erlaß vom 17.d. M. geruht haben, Sie 
von dem Ihnen Allerhöchst erteilten Mandate als Bevollmächtigten zum 
Bundesrat, unter ausdrücklicher Bezeugung der Allerhöchsten Zufriedenheit mit 
den von Ihnen geleisteten Diensten, zu entbinden. 
Ich sehe Ew. Hochwohlgeboren mit Bedauern aus dem Bundesrat scheiden 
*) In den Kulturkampf trat Günther mit der Ueberzeugung ein, daß derselbe nur 
einheitlich geführt werden könnte und daher jede Abschwächung der im Gesetze klar zum 
Ausdrucke gekommenen Grundsätze nur vom Uebel sei. Nichts hielt er für gefährlicher, 
als in dieser Beziehung Politik auf eigene Faust zu treiben und sich, wenn auch nur in 
Nebendingen mit den bei der Zentralverwaltungsstelle damals maßgebenden Anschauungen 
in Widerspruch zu setzen. Für ihn verstand es sich von selbst, daß er zur Ausführung 
brachte, was das Gesetz in der an entscheidender Stelle gegebenen Auslegung gebot. Große 
Verdienste erwarb sich Günther um die Förderung des Deutschtums in der Provinz Posen. 
Er verkannte nicht, daß durch Verwaltungsakte aus Polen Deutsche nicht gemacht werden. 
Er verzichtete deshalb auf einen solchen Erfolg vorweg. Von den polnischen Einwohnern 
der Provinz verlangte er nicht mehr, als daß sie ihre unlösliche Zugehörigkeit zum 
preußischen Staatsverbande beherzigten und ihre staatsbürgerlichen Pflichten gleich den 
Deutschen erfüllten. Unberechtigten Sonderbestrebungen der Polen trat er jederzeit und 
mit voller Schärfe entgegen. Im übrigen ging er davon aus, daß die Uebung deutscher 
Sitte und deutscher Anschauung das beste Germanisirungsmittel und am ehesten geeignet 
sei, die polnischen Einwohner der Provinz dem Deutschtum zuzuführen. Für unbedingt 
erforderlich aber und für die vornehmste Aufgabe seines Amtes hielt er es, die in der 
Provinz lebenden Deutschen überall da, wo sie in der Minderheit waren, in ihrem 
nationalen Bestande zu sichern und vor dem Vordringen des Polonismus zu beschützen.
	        
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