Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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Mit Hilfe eines eisernen Fleißes und einer außergewöhnlichen Gedächtnis- 
kraft hatte er sich einen großen Schatz reichsten Wissens, vor allem aber den 
höchsten Grad vielseitiger Rechtskunde errungen. Sein offener Blick für das 
Leben und dessen Bedürfnisse, sein scharfsinniger Verstand, der ihn stets im 
voraus die fernliegendsten Konsequenzen ermessen ließ, verbanden sich mit einer 
hervorragenden Gestaltungsgabe, die mit Leichtigkeit und Sicherheit den schärfsten 
Ausdruck des Gedankens zu finden wußte. 
Am 11. September 1888, zwei Tage vor seinem zweiundsiebenzigsten 
Geburtstage, raffte ihn eine schwere Krankheit hin. 
Bismarck schätzte Pape als einen „sehr scharfen Juristen“. ) Bei Herstellung 
der deutschen Verfassung besprach Bismarck mit Pape die Frage, ob der Kaiser 
nach derselben ein Veto habe. Dr. Pape sagte Bismarck, der Kaiser hat kein 
Veto. Bismarck erwiderte: „Verfassungsmäßig hat er es nicht, aber denken 
Sie sich den Fall, daß dem Kaiser eine Maßregel zugemutet wird, die er nicht 
glaubt erfüllen zu können, oder eine solche, die er glaubt erfüllen zu können. 
Sein zeitiger Kanzler warnt ihn aber und sagt: Hierzu kann ich nicht raten, 
das kontrasignire ich nicht. Gut nun, ist der Kaiser in diesem Fall verpflichtet, 
einen andern Kanzler zu suchen, seinen Widerstreber zu entlassen? Ist er ver- 
pflichtet, einen jeden zum Kanzler zu nehmen, der ihm etwa von andrer Seite 
vorgeschlagen wird? Wird er sich den zweiten, dritten suchen, die beide sagen: 
Die Verantwortlichkeit hierfür, für diesen Gesetzentwurf, können wir nicht durch 
die Vorlage im Reichstag übernehmen?" Darauf antwortet Dr. Pape Bismarck: 
„Sie haben recht, der Kaiser hat ein indirektes und faktisches Veto.“" 
Das Schreiben, mittelst dessen der Kanzler Pape seine Ernennung zum 
Wirklichen Geheimen Rat mitteilte. ) lautet: 
Varzin, den 3. Dezember 1873. 
Eurer Excellenz beehre ich mich das am 29. v. Mts. vollzogene Patent, 
durch welches Seine Mgjestät der Kaiser Sie zum Wirklichen Geheimen Rat 
mit dem Prädikat „Excellenz“ zu ernennen geruht haben, ergebenst zu übersenden. 
Ich spreche Ihnen meinen aufrichtigen Glückwunsch zu einer Auszeichnung 
aus, durch welche Seine Majestät der Kaiser die Verdienste hat anerkennen wollen, 
welche Sie sich seit dem Jahre 1867 um die Ausbildung der Institutionen des 
Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs und als Vorsitzender der 
hohen Behörde erworben haben, welche unter Ihrer Leitung ihre Aufgabe so 
würdig erfüllt. 
Der Reichskanzler: 
v. Bismarck. 
An den Präsidenten des Reichs-Oberhandelsgerichts, Wirklichen 
Geheimen Rat Herrn Dr. Pape Excellenz, Leipzig. 
*) Reichstagsrede vom 24. Februar 1881, Kohls Bismarckreden Bd. VIII. S. 320. 
*“) Bisher unveröffentlicht.
	        
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