— 84 —
mit Erlaubnis der Empfängerin hier veröffentlicht werden, mit Streichung nur
jener ganz vereinzelten Stellen, welche bei lebenden oder Angehörigen bereits
verstorbener Personen Anstoß erregen könnten. Seebach zeigt sich in dieser
Korrespondenz von der besten Seite. Nur ungern habe ich der Versuchung
widerstanden, den unpolitischen, rein menschlichen Teil der Korrespondenz aus-
zuscheiden. Er würde gezeigt haben, welch wundersames Gemüt Seebach besaß,
wie sehr er seine Tochter Wanda liebte, wie er stets bei Freud und Leid an
sie dachte. Um ihr eine besondere Freude zu machen, scheute er keine persön-
liche Einschränkung in Berlin. Er lebte dort mitunter für einen Minister fast
zu einfach, um der Tochter einen Lieblingswunsch erfüllen zu können. Die
Tage, die sie bei ihm in Berlin zubringt, sind sein Sonnenschein. Ist die
Lieblingstochter fern von ihm, so verzehrt ihn die Sehnsucht, sie an sein Herz
drücken zu können.
Die Korrespondenz zwischen Seebach und seiner Tochter Wanda beginnt,
wenn auch noch spärlich, zu einer Zeit zu fließen, da dieselbe noch im elterlichen
Hause lebte; sie erweitert sich Ende der sechziger Jahre so sehr, daß man fast
anzunehmen geneigt ist, Seebach habe in diese äußere Form seine Memoiren
kleiden wollen, seine Briefe also in der Absicht einer späteren Veröffentlichung
derselben geschrieben.)
Ich schicke, bevor ich die bundesrätliche Zeitperiode beginne, zwei Briefe
voraus, die sich auf den Frankfurter Fürstenkongreß beziehen.
Frankfurt a.M., 24. August 1863.
An Freiin Wanda v. Seebach.
„Nach der nochmaligen ablehnenden Antwort Preußens haben sich am
Sonnabend die Fürsten, wenn auch nicht ohne Widerspruch einzelner, dahin
vereinigt, daß der österreichische Entwurf nunmehr von ihnen selbst durchberaten
und über die 36 Artikel desselben Beschluß gefaßt werde. Mit dieser Beratung
ist denn auch sofort begonnen worden, und man hat 3 Artikel, den 1., 2. und 4.
erledigt. Heute wird fortgefahren, mit der von dem Kaiser bestimmten Tages-
ordnung: 3., 5. und 6. Artikel. Hiernach scheint es, als sollten in jeder Tages-
sitzung drei Artikel abgethan werden; es würde also die fürstliche Verhandlung,
selbst wenn hin und wieder ein oder einige Artikel mehr über Bord gebracht
würden, mindestens noch die laufende Woche ganz in Anspruch nehmen. Daneben
liegt aber noch eine zwiefache Möglichkeit: einmal die, daß die Herren Souveräne
im Laufe der Verhandlungen sich überzeugen, auf diesem Wege überhaupt nicht
zum Ziel gelangen zu können, und daß solchenfalls über die Art und Weise,
wie die Angelegenheit weiter behandelt werden soll, ein neuer Beschluß gefaßt
werden muß, und dann die zweite, daß sich bei den einzelnen Artikeln eine sehr
*) Elwa so wie Goethe seine Briefe an Frau v. Stein über seine italienische Reise.