Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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sie regeln nur einzelne Fragen des Eisenbahnwesens von vornherein, ohne die 
Regelung weiterer Fragen auszuschließen. Was insbesondere den Art. 45 an— 
belangt, auf welchen die Gegner sich vornehmlich berufen, so entspricht es weiter 
nicht der thatsächlichen Lage, wenn behauptet wird, dem Reiche stehe danach nur 
die Kontrolle über das Tarifwesen zu. Der Artikel verpflichtet vielmehr ferner 
ganz ausdrücklich das Reich, „dahin zu wirken, daß die möglichste Gleichmäßig- 
keit und Herabsetzung der Tarife erzielt werdel. Die Wege zur Erreichung 
dieses Zieles sind nicht vorgeschrieben, und selbstredend muß es der Entscheidung 
des Reiches selbst überlassen werden, welche Wege dasselbe wählen will. Finden 
die Faktoren der Reichsgesetzgebung gegenwärtig nach mancherlei anderen, mehr 
oder minderen fruchtlosen Bemühungen, daß die öffentlichen Interessen die Be- 
schreitung des Weges der Gesetzgebung erheischen, so hat es dabei lediglich sein 
Bewenden. Irren wir nicht, so ist übrigens die Kompetenzfrage bereits bei der 
Tarifreform angeregt. Bekanntlich hat sich der Bundesrat dadurch nicht ab- 
halten lassen, über das Tarifsystem Vorschriften zu erlassen."“ 
In der Sitzung vom 17. Juni, zu welcher die Verkehrsminister der vor- 
zugsweise interessirten Staaten erschienen waren, rief der Antrag des Ausschusses 
eine mehr als dreistündige Debatte hervor, deren Angelpunkt, wie erwartet, die 
Verfassungsfrage bildete. Württemberg, Sachsen und Bayern sahen in dem 
Gesetze die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung, während Preußen und die 
kleineren Bundesstaaten dieser Anschauung widersprachen. Der preußische Stand- 
punkt wurde mit besonderer Wärme von dem Handelsminister Maybach und 
dem Staatsminister Hofmann vertreten. Schließlich wurde das Gesetz mit 
Stimmenmehrheit angenommen, und einigte man sich dahin, die Frage, ob eine 
Verfassungsänderung durch die §§ 2 und 4 des Entwurfs vorliege und also 
Zweidrittelmajorität Platz zu greifen habe, dem Verfassungsausschuß zu weiterer 
Prüfung zu überweisen und davon die Entscheidung abhängig zu machen. 
Ueber den Gang der Beratung wurde noch das Folgende bekannt. § 2 
des Entwurfs bestimmt, daß die für die Tarifbildung maßgebende Entfernung 
— die birtuelle Meile — auf den Antrag der Landesregierung durch den 
Bundesrat festgesetzt werde. § 4 bestimmt, daß die Tarifvorschriften nebst 
Güterklassifikation und Normaleinheitssätzen durch den Bundesrat festgesetzt werden. 
Zu beiden Paragraphen beantragte Preußen die Feststellung durch Gesetz, im 
Einklang mit von dem Reichskanzler bei früheren Gelegenheiten wiederholt ent- 
wickelten Ansichten. Sachsen beantragte zu § 4, daß die Erhöhung und Herab- 
setzung der Normaleinheitssätze den Landesregierungen zustehen solle. Beide Ab- 
änderungsanträge wurden abgelehnt und demnächst die einzelnen Paragraphen 
des Entwurfs gegen die Stimmen von Bayern (6), Sachsen (4), Württemberg 
(4), Braunschweig (2), Sachsen-Altenburg (1) und der Hansestädte (3), also im 
ganzen mit 38 gegen 20 Stimmen angenommen. Nach dieser Annahme ergriff 
der württembergische Minister v. Mittnacht das Wort und entwickelte in aus-
	        
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