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Vorlage hatte 20, der Ausschuß 23 Paragraphen; davon lautete der letzte:
„Der Zeitpunkt, an welchem dieses Gesetz in Kraft tritt, wird durch Kaiserliche
Verordnung bestimmt.“1)
Bei Beratung des Gesetzentwurfs im Plenum des Bundesrats am 30. Mai
1879 stellte der bayerische Bevollmächtigte den Antrag „auf Konstatirung des
Einverständnisses, daß die Angliederung der Statthalterwürde an den Chef eines
regierenden bundesfürstlichen Hauses mit dem reichsländischen Charakter von
Elsaß-Lothringen nicht als vereinbar zu erachten sein würde“.
Bei der entscheidenden Abstimmung in der Sitzung vom 6. Juni 1879
stimmten gegen den erwähnten bayerischen Antrag: Königreich Sachsen, Baden,
Mecklenburg-Schwerin. Der Abstimmung enthielten sich: Mecklenburg-Strelitz,
Lübeck und Hamburg. Der Antrag war demnach mit Stimmenmehrheit an—
genommen. Der Großherzoglich badische Bevollmächtigte erklärte:
„Die Großherzoglich badische Regierung vermag die von Bayern vorgeschlagene
Deklaration weder an sich für zutreffend zu erachten noch sonst einen besonderen
Grund oder Anlaß für eine solche zu ersehen. Ihrer Ansicht nach ist die Ueber-
nahme der Funktionen eines Statthalters in Elsaß-Lothringen seitens eines.
regierenden Bundesfürsten nicht durch den reichsländischen Charakter von Elsaß-
Lothringen, sondern durch die dem Statthalter in §§ 2 und 4 des Gesetzentwurfs
mit beigelegte staatsrechtliche Verantwortlichkeit ausgeschlossen. Die Großherzogliche
Regierung kann hiernach dem Antrage Bayerns nicht zustimmen.“
Der Großherzoglich hessische Bevollmächtigte erklärte:
„Die Großherzoglich hessische Regierung hält es für selbstverständlich, daß.
ein regierender Bundesfürst die Statthalterschaft in Elsaß-Lothringen nicht würde
übernehmen können, schon weil der Statthalter bezüglich der in § 2 des Gesetz-
entwurfs bezeichneten Obliegenheiten die dieserhalb bis jetzt den Reichskanzler
treffende ministerielle Verantwortlichkeit zu tragen haben wird. Sie erkennt
daher kein Bedürfnis einer ausdrücklichen Konstatirung, und wenn sie dem
Antrage Bayerns zustimmt, so geschieht dies lediglich, um nicht durch ein ableh-
nendes Votum ein Mißverständnis herbeizuführen."
Der Königlich bayerische Bevollmächtigte erklärte sodann die Zustimmung der-
von ihm vertretenen Regierung zu dem vorerwähnten Gesetzentwurf.2)
1) Der Wortlaut des Entwurfs, wie er aus der Beratung des Bundesrats vom
30. Mai 1879 hervorging, findet sich in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 212 v. 1. 6. 79.
2) Die „Nat.-Ztg.“ Nr. 259 v. 7. 6. 79 bemerkte, der bayerische Vorbehalt sei von
Anfang an nicht dazu bestimmt gewesen, in den Gesetzentwurf selbst aufgenommen zu werden.
„Er sollte vielmehr nur die Voraussetzung fixiren, unter welcher der Bundesrat dem Gesetz-
entwurf zustimmt. Es ist dies ein Verfahren unseres Wissens ohne Präzedenzfall. Bei-
der Abstimmung ergab sich eine Mehrheit für das Prinzip des bayerischen Vorbehaltes.
Formell wurde die Angelegenheit damit erledigt, daß von den Abstimmungsresultaten im
Protokoll Vermerk gemacht wurde.“ Die „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 211 v. 31. 5. 79 be-