Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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Verdy war Bismarcks letzter Kriegsminister; seine Vorgänger waren Roon, 
Kamecke, Bronsart v. Schellendorff. Unter den Verdyschen Neugestaltungen 
unseres Heerwesens erwähne ich die Errichtung des X VI. und XVII. Armee- 
corps, die Reorganisirung der Feldartillerie und die Zuteilung des Trains zu 
den Artillerie-Brigaden der Armeecorps. 
Verdys Schicksal war im Grunde mit Waldersees Versetzung nach Altona 
besiegelt. Sollte letzterer, wie manche glauben, dereinst einmal Reichskanzler 
werden, so wird sicher auch die Person Verdys politisch wieder in den 
Vordergrund treten. 
Ueber die Stellung Bismarcks zu Verdy geben auch die „Hamburger Nach- 
richten“ Aufschlüsse, die sie aus guter Quelle erhalten haben mögen. In der 
Nr. 284 vom 29. November 1892, A. A., findet sich folgendes Entrefilet: 
„Bezüglich der Stellung des Fürsten Bismarck zur Militärvorlage schreibt die 
„Köln. Volks-Ztg.“: 
„Neuerdings geben die „Hamb. Nachr.“ zu, daß Fürst Bismarck um die 
Verdyschen Pläne gewußt habe, aber die Sache wird so dargestellt, als ob die 
Einzelheiten der Vorlage nur im Kriegs= und Finanzministerium bekannt ge- 
wesen seien, während sein Interesse in der Hauptsache auf die finanzielle 
Tragweite beschränkt geblieben sei. Es liegt indessen auf der Hand, daß bei 
der Stellung des früheren Reichskanzlers kein Kriegsminister es gewagt haben 
würde, an die Ausarbeitung eines so großen Planes heranzugehen ohne dessen 
grundsätzliches Einverständnis.“ 
Das klerikale Kölner Blatt thut sehr unbekannt mit den Verhältnissen, 
die damals der Entlassung des Fürsten Bismarck voraufgingen; es sollte aus 
den vielen seitdem erfolgten Veröffentlichungen wissen, wie die Stellung des 
Kanzlers den Ministern und gerade gegenüber dem Kriegsminister war. Daß 
General v. Verdy gegen dringendes Abraten des Kanzlers zum Minister ernannt 
wurde, ist längst bekannt, und schon diese Thatsache genügt, um die haltlose 
Kombination über die damalige Allmacht des Ministerpräsidenten richtigzu- 
stellen."“ 
Eine das beiderseitige Verhältnis noch besser illustrirende Notiz findet sich 
in den „Hamb. Nachr.“ Nr. 290 vom 6. Dezember 1892. In dem „Fürst 
Bismarck und die (scil. Caprivische) Militärvorlage“ überschriebenen Artikel 
heißt es: „Wir haben die Behauptung für unzutreffend erklärt, daß Fürst 
Bismarck die Verdysche Militärvorlage vertreten habe. Der frühere Reichskanzler 
betrachtete es im März 1890, wo es schon feststand, daß er gehen müsse, um 
so weniger als seine Aufgabe, den Verdyschen Projekten entgegenzutreten, als 
der Kriegsminister in Preußen am meisten der spezielle Minister des Königs 
ist, und als der gegen den Rat des Fürsten zum Kriegsminister ernannte 
General zu jener Zeit das Kaiserliche Vertrauen in höherem Maße besaß als 
der leitende Staatsmann. Der Reichskanzler war außerdem der Ansicht, daß
	        
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