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Verhandlungen über einen Handelsvertrag mit Oesterreich, sowie bei der gesetzlich
angeordneten Tabakenquête, auf denselben.
Als im Januar 1879 die Zolltarif-Kommission des Bundesrats unter
dem Vorsitz des früheren württembergischen Staatsministers Freiherrn von Varn-
bühler zusammentrat, wurde Burchard als spezieller Vertreter des Reichskanzlers
in diese entsendet, nahm als solcher an der Leitung der Arbeiten einen hervor-
ragenden Anteil, arbeitete demnächst unter steter persönlicher Anleitung Bismarcks
den Entwurf des Zolltarifgesetzes von 1879 aus und war bei den monatelangen
Beratungen dieses Gesetzes im Bundesrat und Reichstag der Generalreferent.
Etwa gleichzeitig mit der Verkündung des Zolltarifgesetzes im Juli 1879 wurde
das Reichskanzler-Amt in das Reichsamt des Innern und das Reichsschatzamt
aufgeteilt. Burchard erhielt in dem letzteren als Zeichen besonderen Vertrauens
des Reichskanzlers die Stelle eines Direktors der Abteilung für Zölle und
Steuern mit der Direktive, den auf wesentlich veränderter Grundlage neu auf-
gebauten Zolltarif zur Ausführung zu bringen und das Zoll= und Steuersystem
des Reiches in der neu vorgezeichneten Richtung weiter auszubauen. Wenn es
auch nicht gelang, die Tabaksteuergesetzgebung durch Einführung des Tabakmonopols
umzugestalten, und auch die Einführung einer Wehrsteuer bei dem Reichstage
auf unbesieglichen Widerstand stieß, so wurde doch der Zolltarif, wenn auch
unter zunehmendem Widerstreben des Reichstags, in dem Sinne eines gemäßigten
Schutzzolls weiter ausgebaut und zur praktischen Anwendung gebracht; ebenso
wurde die Reichsstempelgesetzgebung in verschiedenen legislatorischen Etappen
anderweitig geregelt. Im Juli 1882 wurde der erste Leiter des Reichsschatzamts,
Staatssekretär von Scholz zum Finanzminister Preußens ernannt und dessen
bisherige Stelle dem Direktor Burchard verliehen.
Ende Juli 1882 beauftragte der Kaiser auf Bismarcks Antrag in Gemäßheit
des Gesetzes vom 17. März 1878 (Reichs-Gesetzbl. S. 7) mit der Stellver-
tretung des Reichskanzlers in den Finanzangelegenheiten des Reichs, insoweit sie
sich in der ausschließlichen Verwaltung desselben befinden, den Staatssekretär
des Reichsschatzamts Burchard. )
Wenn Burchard durch Uebernahme des Reichsschatzamts auch die umfassen-
deren Pflichten eines Leiters des Finanzwesens des Reichs oblagen, so verblieb
ihm doch die unmittelbare Leitung der Zoll-, Steuer= und Handelspolitik des
Reichs. Getragen von dem vollen Vertrauen des Reichskanzlers, schloß er mit
Italien und Spanien Handelsverträge ab, welche auf dem grundlegenden Streben
thunlichst geringer Beschränkung der Autonomie der deutschen Zollgesetzgebung
beruhten. In dieser Zeit gelang es auch den vereinten Bemühungen Preußens
und des Reichs, den Widerstand Hamburgs gegen einen Zollanschluß an das
Reich unter Gewährung eines Freihafens zu überwinden; Bremen folgte bald
1) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.