Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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Verhandlungen über einen Handelsvertrag mit Oesterreich, sowie bei der gesetzlich 
angeordneten Tabakenquête, auf denselben. 
Als im Januar 1879 die Zolltarif-Kommission des Bundesrats unter 
dem Vorsitz des früheren württembergischen Staatsministers Freiherrn von Varn- 
bühler zusammentrat, wurde Burchard als spezieller Vertreter des Reichskanzlers 
in diese entsendet, nahm als solcher an der Leitung der Arbeiten einen hervor- 
ragenden Anteil, arbeitete demnächst unter steter persönlicher Anleitung Bismarcks 
den Entwurf des Zolltarifgesetzes von 1879 aus und war bei den monatelangen 
Beratungen dieses Gesetzes im Bundesrat und Reichstag der Generalreferent. 
Etwa gleichzeitig mit der Verkündung des Zolltarifgesetzes im Juli 1879 wurde 
das Reichskanzler-Amt in das Reichsamt des Innern und das Reichsschatzamt 
aufgeteilt. Burchard erhielt in dem letzteren als Zeichen besonderen Vertrauens 
des Reichskanzlers die Stelle eines Direktors der Abteilung für Zölle und 
Steuern mit der Direktive, den auf wesentlich veränderter Grundlage neu auf- 
gebauten Zolltarif zur Ausführung zu bringen und das Zoll= und Steuersystem 
des Reiches in der neu vorgezeichneten Richtung weiter auszubauen. Wenn es 
auch nicht gelang, die Tabaksteuergesetzgebung durch Einführung des Tabakmonopols 
umzugestalten, und auch die Einführung einer Wehrsteuer bei dem Reichstage 
auf unbesieglichen Widerstand stieß, so wurde doch der Zolltarif, wenn auch 
unter zunehmendem Widerstreben des Reichstags, in dem Sinne eines gemäßigten 
Schutzzolls weiter ausgebaut und zur praktischen Anwendung gebracht; ebenso 
wurde die Reichsstempelgesetzgebung in verschiedenen legislatorischen Etappen 
anderweitig geregelt. Im Juli 1882 wurde der erste Leiter des Reichsschatzamts, 
Staatssekretär von Scholz zum Finanzminister Preußens ernannt und dessen 
bisherige Stelle dem Direktor Burchard verliehen. 
Ende Juli 1882 beauftragte der Kaiser auf Bismarcks Antrag in Gemäßheit 
des Gesetzes vom 17. März 1878 (Reichs-Gesetzbl. S. 7) mit der Stellver- 
tretung des Reichskanzlers in den Finanzangelegenheiten des Reichs, insoweit sie 
sich in der ausschließlichen Verwaltung desselben befinden, den Staatssekretär 
des Reichsschatzamts Burchard. ) 
Wenn Burchard durch Uebernahme des Reichsschatzamts auch die umfassen- 
deren Pflichten eines Leiters des Finanzwesens des Reichs oblagen, so verblieb 
ihm doch die unmittelbare Leitung der Zoll-, Steuer= und Handelspolitik des 
Reichs. Getragen von dem vollen Vertrauen des Reichskanzlers, schloß er mit 
Italien und Spanien Handelsverträge ab, welche auf dem grundlegenden Streben 
thunlichst geringer Beschränkung der Autonomie der deutschen Zollgesetzgebung 
beruhten. In dieser Zeit gelang es auch den vereinten Bemühungen Preußens 
und des Reichs, den Widerstand Hamburgs gegen einen Zollanschluß an das 
Reich unter Gewährung eines Freihafens zu überwinden; Bremen folgte bald 
1) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.
	        
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