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seit 1897 mit dem Range eines Geheimen Rats. 1878 Mitglied der Tabal—
Enquêtekommission. 1879 zum stellvertretenden Bevollmächtigten zum Bundesrat
ernannt und zum Mitglied der Verwaltung des Reichs-Invalidenfonds gewählt.
Im Bundesrat wirkt Scherer hauptsächlich in den Ausschüssen für Zoll-=
und Steuerwesen, für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für Rechnungs-
wesen. Ständige Referate desselben sind: Etats der Einnahmen des Deutschen
Reichs an Zöllen, Verbrauchssteuern und Aversen sowie an Stempelabgaben;
Zollerlasse aus Billigkeitsrücksichten; Tarabestimmungen; Tabaksteuer; Münz-
wesen.
5. Großberzogtum Sachsen.
Staatsminister Dr. Stichling.
Im Anschluß an dasjenige, was bereits im I. Bande S. 287 über den
weimarischen Staatsminister Dr. Gottfried Theodor Stichling bemerkt ist, lasse
ich aus seinen nachgelassenen „Erinnerungen“ noch einen Abschnitt folgen, der in
unsere Zeitperiode fällt und näheres Licht auf die Beziehungen desselben zu
Bismarck wirft.
„Das Jahr 1880 führte mich — so schreibt Stichling — in den ersten
Monaten zu einem längeren Aufenthalte nach Berlin zur Teilnahme an den
Verhandlungen des Bundesrats. Und in dieser Zeit wurde mir nicht nur am
Kaiserlichen Hofe von seiten des Kaisers und der Kaiserin die wohlwollendste
Aufnahme zu teil in einer Reihe von Einladungen zu großen und kleinen
Gesellschaften am Hofe, sondern es wurde diese Zeit auch dadurch für mich
besonders interessant, daß ich in ihr in mehrfache persönliche Berührung mit
dem Reichskanzler Fürsten Bismarck kam.
Als der Reichskanzler Fürst Bismarck anfangs März 1871 aus dem
Hauptquartier in Versailles mit dem Kaiser nach Berlin zurückkehrte, wurde ich
selbstverständlich auch dem Erstgenannten vorgestellt, aber, abgesehen von einem
kurzen Gespräche bei der Vorstellung und einem zweiten in einer parlamentarischen
Abendgesellschaft desselben, hatte ich keine Gelegenheit, in nähere Berührung mit
ihm zu treten, da er sehr bald sich der persönlichen Teilnahme an den Sitzungen
des Bundesrats enthob, ich auch in den folgenden Jahren ebenso wie meine
Thüringer Kollegen seltener nach Berlin kam, da die heimischen Geschäfte mich
oftmals daran hinderten.
Erst im Jahre 1880 kam ich in einige nähere Berührung mit ihm, als
ich im Februar und März des genannten Jahres zur Teilnahme an den Bundes-
ratsverhandlungen in Berlin mich einfand. Mit den übrigen stimmführenden
Bevollmächtigten zum Bundesrat erhielt ich zum 15. März eine Einladung zum
Diner beim Reichskanzler. Das Diner verlief ohne ein bemerkenswertes Vor-
kommnis. Das einzig Interessante war mir, daß wir in demselben Saale
Poschin ger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. IV. 11