Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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Reichskanzler so hohen Wert auch auf diesen Teil der Vorlage lege. Letzterer 
erging sich nun über die mangelhafte Leitung der Bundesratssitzungen und führte 
auch die unberechtigte Sendung jenes unglücklichen Ober-Postbeamten in die 
Bundesratssitzung auf einen „Mangel an Logik“ zurück. Die Möglichkeit der 
Wiederholung solcher Vorkommnisse solle nun durch die in Vorschlag gebrachte 
Revision der Geschäftsordnung des Bundesrats für die Zukunft abgeschnitten 
werden. 
Daß die revidirte Geschäftsordnung vom Bundesrat angenommen wurde, 
ist bekannt. Infolge davon wurde die Unterscheidung zwischen den Hauptbevoll- 
mächtigten zum Bundesrat und deren Stellvertretern eine viel schärfere als- 
bisher insofern, als zu gewissen Zeiten und für gewisse Hauptvorlagen nur die 
ersteren in Berlin versammelt werden sollten, und als der Gebrauch, der zeither 
vom Rechte der Substituirung gemacht wurde, wesentlich beschränkt ward. Dies 
hatte für mich zweierlei zur Folge. 
Einerseits mußte ich mir sagen, daß mein zeitheriger Stellvertreter im 
Bundesrat ganz nach Berlin werde übersiedeln müssen, weil wir uns nicht 
mehr so wie zeither mit Substitution (des Königlich sächsischen Gesandten) helfen 
konnten, und da die Unterhaltung eines eigenen stellvertretenden Bevollmächtigten 
in Berlin auf unsere alleinige Rechnung zu kostspielig war, suchte ich vier andere- 
thüringische Regierungen (Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Schwarz- 
burg-Sondershausen und Reuß jüngerer Linie) dazu zu gewinnen, daß sie 
unseren stellvertretenden Bevollmächtigten, den überaus geschäftsgewandten 
Staatsrat, jetzigen Wirklichen Geheimen Rat Dr. v. Heerwart auch zu dem ihrigen 
ernannten und einen Teil der Unterhaltungskosten mit übernahmen, während 
wir die betreffende Persönlichkeit allein aus unseren Beamteten wählten. Zu 
meiner Freude gelang diese Operation, obwohl sie von den Mittelstaaten mit 
scheelen Augen angesehen wurde, denn sie konzentrirte in den Händen eines 
kleinstaatlichen Bevollmächtigten fünf Stimmen, also eine Stimme mehr, als 
der Königlich sächsische und der Königlich württembergische Bevollmächtigte zu 
vertreten hatten. 
Andererseits wurde durch die neue Geschäftsordnung die Dauer meiner 
eigenen Anwesenheit in Berlin zur Teilnahme an den Sitzungen des Bundesrats 
und seiner Ausschüsse nun alljährlich auf ein geringeres Maß (zwei bis drei 
Wochen) beschränkt, da die Hauptbevollmächtigten nur zu gewissen Vorlagen, 
auf welche der Reichskanzler besonderes Gewicht legte, zusammenberufen werden 
sollten. Zum ersten Male geschah dies im Februar 1881. Die Hauptvorlage 
bildete der Entwurf wegen Versicherung der Arbeiter in Fabriken und ähnlichen 
Anlagen gegen Beschädigung bei der Arbeit in einer zu diesem Zwecke zu 
errichtenden Reichsanstalt, eine Vorlage, welche die Geister in demselben Grade 
erregte, in welchem mit ihr eine Bahn zuerst betreten wurde, welche zum Staats- 
sozialismus zu führen geeignet war.
	        
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