— 11 —
Richterschen Antrages Uebereinstimmung zwischen dem Reichskanzler und dem
Finanzminister geherrscht hat, wird nach der Erklärung des letzteren in der
Sitzung des Abgeordnetenhauses am 28. Januar 1881 nicht mehr bezweifelt
werden. Ebensowenig hat der Entwurf, betreffend die Verwendung der aus
weiteren Reichssteuerreformen an Preußen zu überweisenden Mittel, zu irgend
welchen erheblichen Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Staatsministeriums
Anlaß gegeben. Insbesondere entbehrt die vielfach verbreitete Meinung, daß
der Reichskanzler keinen Wert auf die Durchberatung und Annahme des Ver—
wendungsgesetzes lege, jedes thatsächlichen Anhaltes .. .
Wir glauben im vollsten Einverständnis mit der konservativen Fraktion
zu handeln, wenn wir versichern, daß von dieser Seite der größte Wert darauf
gelegt wird, in Harmonie mit dem Finanzminister die Reformpläne des Reichs-
kanzlers im Reiche und in Preußen zu fördern.“ 1)
Am 19. September 1881 unterhielt der „Hannoversche Courier“ seine
Leser mit einer „Fürst Bismarck und der Finanzminister Bitter“ überschriebenen
Mitteilung, in der er bemerkte, daß die Gerüchte von der erschütterten Stellung
des Finanzministers in periodischer Regelmäßigkeit auf und nieder tauchen.
„Wir können diese Bemerkungen,“ bemerkte die „Norddeutsche Allgemeine
Zeitung“ Nr. 439 vom 21. Oktober 1881, „zu deren Bestätigung wir noch
auf die Erklärung des Finanzministers in der Sitzung des Abgeordnetenhauses
vom 28. Januar 1881 ausfmerksam machen möchten, als richtig bezeichnen,
indem wir hinzufügen, daß alle weiter folgenden Auslassungen des bezeichneten
Artikels lediglich der Phantasie des Schreibers entsprossen sind.“
Am 21. Juni 1882 wurde der „National-Zeitung“ über den Rücktritt des
Finanzministers Bitter geschrieben: „Die Einreichung des Entlassungsgesuches
des Finanzministers Bitter bei dem Kaiser ist, obschon wiederholt von dem
Rücktritt des Ministers die Rede war, doch jetzt einigermaßen überraschend
gekommen. Näherstehende Personen wußten schon im Herbst, daß nur die Er-
gebenheit gegen den Kaiser den Minister Bitter abgehalten hatte, früher den
Schritt zu thun. Es war ein offenes Geheimnis, daß der Finanzminister
gegen den letzten Steuererlaß war, aber im Ministerrat bei seinen Kollegen
nicht die Unterstützung fand, auf die er gerechnet hatte. Mit einer anderen
stark betonten Forderung, mit gründlicher Aufbesserung der Gehälter der Ver-
waltungsbeamten, welche er den Verhältnissen der richterlichen Beamten ent-
sprechend regeln wollte, wurde er von Session zu Session vertröstet. Endlich
hatte der Minister auf Grundlage der alten preußischen Traditionen einen Plan
zur Reform der direkten Steuern in Preußen ausgearbeitet und bez. der Grund-
lagen desselben ein Einverständnis mit dem Reichskanzler erzielt. Der Plan
ging davon aus, daß die direkten Steuern nicht zu Gunsten der indirekten
1) „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 53 v. 2. 2. 81.