Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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und wichtige Erwägungen des Bundesrats erforderlich sind, nicht vereinzelt, 
sondern in einer zu diesem Zweck zu verabredenden Sitzungsperiode gleichzeitig 
oder in schneller Aufeinanderfolge zur Entscheidung des Bundesrats gebracht 
werden. Diese zweiten Entschließungen über Fragen, welche im Bundesrat 
bereits früher verhandelt wurden, werden durch die Minister selbst in kurzer 
Zeit entschieden werden können, weil die informatorischen Vorverhandlungen in 
der Regel die Ueberzeugung und die Grenze der etwaigen Konzession für jede 
Regierung schon früher ins Klare gebracht haben werden. 
Ich bin weit entfernt, durch die vorstehenden Andeutungen einem defini- 
tiven Entwurf für die Beschlüsse des Bundesrats vorgreifen zu wollen; ich beab- 
sichtige durch dieselbon nur, die Richtung zu bezeichnen, in welcher meines Er- 
achtens eine Reform der bundesrätlichen Geschäftsordnung notwendig wäre, um 
die verfassungsmäßige Thätigkeit dieser hohen Versammlung von einigen der 
Schwierigkeiten zu befreien, durch welche ihre Wirksamkeit gehemmt oder ihr 
Ansehen beeinträchtigt werden kann. Mein Schlußantrag wird sich allgemein 
auf Revision der Geschäftsordnung vom 27. Februar 1871 richten, und um 
dieses Revisionsbedürfnis nachzuweisen, gestatte ich mir einige weitere Be- 
merkungen über den Inhalt dieser Geschäftsordnung, abgesehen von den in Vor- 
stehendem dargelegten Gründen für eine Erweiterung des Inhalts. 
Der § 2 derselben lautet dahin, daß jeder stimmführende Bevollmächtigte 
befugt sei, einen anderen Bevollmächtigten zu substituiren. Eine solche Befugnis 
läßt sich aus der Reichsverfassung meines Erachtens nicht herleiten; man kann 
vielmehr, wie ich glaube, die verfassungsmäßige Zulässigkeit derselben anzweifeln. 
Der Artikel 6 der Reichsverfassung sagt am Schlusse wörtlich: Jedes Mitglied 
des Bundesrats kann so viel Bevollmächtigte zum Bundesrat ernennen, wie 
es Stimmen hat. Mitglieder des Bundes sind nur die Souveräne, welche 
den Bund, der das Reich bildet, geschlossen haben; nur sie können also Be- 
vollmächtigte ernennen, sei es direkte, sei es substituirte. Daraus würde folgen, 
daß für Substitutionen, wenn sie überhaupt zulässig sind, eine ebensolche Voll- 
macht des Souveräns verfassungsmäßig erforderlich ist wie für die Ernennung 
des unmittelbaren Bevollmächtigten. Jedes Mitglied des Bundes hat das Recht 
auf Sicherheit dafür, daß die Meinungen und Abstimmungen, welche im Bundes- 
rat abgegeben werden, der Ausdruck des Willens desjenigen mitverbündeten 
Souveräns sind, welchem die abgegebene Stimme zusteht; diese Sicherheit geht 
verloren, wenn einem jeden Bevollmächtigten die Möglichkeit gegeben ist, ohne 
Beibringung einer Vollmacht seines Souveräns, lediglich nach persönlichem Er- 
messen, sein Mandat auf einen anderen, mit der landesherrlichen Vollmacht zur 
Führung der betreffenden Stimme nicht versehenen Kollegen zu übertragen. 
Nach dem bisherigen Usus hat die Versammlung nicht einmal die Sicherheit, 
daß die Uebertragung einer Stimmführung durch die übertragende Regierung 
angeordnet ist und nicht bloß persönlich von dem Bevollmächtigten; es wird
	        
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