— 207 —
entwickelten, sind von dem Bevollmächtigten dem Reichskanzler schriftlich zu
übergeben und werden von diesem auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung
gebracht oder, wenn sie sich auf eine bereits einem Ausschusse überwiesene
Vorlage beziehen, diesem Ausschusse vorgelegt. Ebenso wird mit sonstigen
an den Bundesrat gerichteten Eingaben verfahren. Der Reichskanzler kann
jedoch Eingaben, die unzweifelhaft nicht zum Geschäftskreis des Bundesrats
gehören, sofort selbst in geeigneter Weise erledigen und Beschwerden, aus denen
nicht erhellt, daß der gesetzliche Instanzenzug erschöpft ist, zurzeit zurückweisen.
Von der ohne Vortrag im Bundesrat erfolgten Ueberweisung von Anträgen
und Eingaben an die Ausschüsse wird dem Bundesrat in der nächsten Sitzung
Anzeige gemacht.
§ 10. Die auf Grund des § 66, al. 2 des Gesetzes vom 31. Mai 1873,
betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, eingehenden Rekurse werden
von dem Vorsitzenden, ohne Vortrag im Plenum, unmittelbar dem Ausschuß
für Justizwesen überwiesen. Der Vorsitzende dieses Ausschusses ernennt den
Referenten, welchem die einschlagenden Akten mit einer Aeußerung der obersten
Reichsbehörde, welche die Entscheidung getroffen hat, mitgeteilt werden. Ueber
die Beschlußnahme des Ausschusses ist ein Protokoll abzufassen, welches die für
maßgebend erachteten thatsächlichen und rechtlichen Momente, unter gleichzeitiger
Angabe des stattgehabten Stimmverhältnisses, enthält. Der Bericht des Aus-
schusses an den Bundesrat wird in der Regel mündlich erstattet.
§ 11. Anträge einzelner Bundesstaaten, welche eingehen, wenn der Bundes-
rat nicht versammelt ist, werden ebenfalls dem zuständigen Ausschuß vorgelegt,
sofern der Reichskanzler dieselben nicht nach Maßgabe des § 9 sofort selbst
erledigt oder zurzeit zurückweist. Eine Uebersicht der in solcher Weise behandelten
Anträge und Eingaben wird dem Bundesrat bei dessen nächstem Zusammen-
treten vorgelegt.
§* 12. Um die Beschlußnahme thunlichst zu beschleunigen, werden die
Regierungen, soweit möglich, ihre Anträge schon vor Beginn der Session des
Bundesrats einbringen und ihre Bevollmächtigten im voraus mit ausreichender
Instruktion versehen. Wird die Aussetzung einer Abstimmung beantragt, so
entscheidet der Bundesrat über diesen Antrag, eventuell über den Tag, an welchem
die ausgesetzte Abstimmung erfolgen soll.
III. Ordnung des Geschäftsganges in den Sitzungen.
§ 13. Die Sitzungen des Bundesrats werden vom Reichskanzler an-
beraumt. Die Einladungen werden den Bevollmächtigten, vorbehaltlich ganz
dringender Fälle, spätestens am Tage vor der Sitzung zugestellt. Sie enthalten
die Adresse der Bevollmächtigten, die Zeit der Sitzung und, soweit als möglich,
die Gegenstände der Beratung. Soll eine Wahl für einen Ausschuß vor-
genommen werden, so muß dies in der Einladung ausdrücklich bemerkt sein.