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Hiermit stimmt es überein, wenn das Kommerzkollegium in Altona in
seinen Jahresberichten darauf hinweist, daß der dortige Großhandel gegenüber
dem Hamburger immer mehr an Bedeutung verliere, daß keine neuen Häuser
von Erheblichkeit in Altona entstehen, daß strebsame Leute nach Hamburg über—
siedelten, daß Altona immer mehr eine Vorstadt von Hamburg werde, und daß
die Altonaer Industrie nicht gedeihen könne, weil ihr wegen der unmittelbaren
Nähe der Zollgrenze nur der Platzkonsum zur Verfügung stehe.
Aus der unter II beigefügten Nachweisung der in den Jahren 1868 bis
1879/80 in Altona zur Gewerbesteuer vom stehenden Gewerbe veranlagten
Gewerbetreibenden geht hervor, daß ungeachtet der Zunahme der Bevölkerung
die Anzahl derjenigen, welche Handel in bedeutendem oder auch nur in mittlerem
Umfange betreiben (Klasse A 1 und All), in der Abnahme begriffen ist, während
die Zunahme der zum Mittelsatze von 24 -X in Klasse B und II besteuerten
Händler und Handwerker ein bedenkliches Zeichen für den lediglich in den
geringsten Verhältnissen sich bewegenden Verkehr ist. Ebenso haben, wie die
angeschlossene Nachweisung III ergibt, die Erträge an klassifizirter Einkommen-
steuer und Klassensteuer mit dem Anwachsen der Bevölkerung keinen gleichen
Schritt gehalten, sondern sind, obwohl an sich gestiegen, doch relativ zurück-
gegangen. Es würde leicht sein, dies des näheren nachzuweisen. Alles deutet
darauf hin, daß der Wohlstand der Bevölkerung der Stadt Altona stetig ab-
nimmt, und daß, was die Vermehrung der Bevölkerungsziffer anbelangt, ein
sehr starker Zuzug von Personen mit geringem Einkommen stattgefunden hat,
von welchen ein großer Teil für Hamburger Geschäfte arbeitet, und welche der
städtischen Kasse erhebliche Ausgaben, namentlich in Bezug auf Schul= und
Armenverwaltung, verursachen, dagegen nur verhältnismäßig geringe Beiträge
zur Stadtkasse leisten.
Unter diesen Umständen kann die preußische Regierung sich der Verpflichtung
nicht entziehen, den Einschluß Altonas in das Zollgebiet ernstlich ins Auge zu
fassen. Es ist zu hoffen, daß dadurch nicht bloß der in Verbindung mit dem
Zollinlande frei gewordene Handel dieser Stadt neue und auf dem direkten
Verkehr mit dem gesamten deutschen Hinterlande sichere Grundlagen gewinnen
würde, sondern auch, daß die gewerbliche Thätigkeit dieser Stadt einen neuen
Aufschwung erlangen und, befreit von der übermächtigen Konkurrenz Hamburgs,
zu einer selbständigen Entwicklung werde kommen können.
Der Ausführung einer solchen Maßregel stehen indessen bei den örtlichen
Verhältnissen erhebliche zolltechnische Schwierigkeiten entgegen.
Die Grenze zwischen Altona und der hamburgischen Vorstadt St. Pauli
läuft auf einer langen Strecke zwischen Häusern und Höfen durch und ist für
Errichtung einer Zollgrenze sehr ungeeignet, da nirgends eine weitere Umsicht
für die Kontrollbeamten möglich ist. Eine viel bessere Grenze würde sich
gewinnen lassen, wenn zugleich mit Altona ein Teil der hamburgischen Vor-