Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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stadt St. Pauli dem Zollgebiet angeschlossen würde. Die Zollgrenze würde 
dann von der Elbe bis zum Millernthor an die alte Stadtumwallung, dem— 
nächst nördlich an die unbebaute Seite der Eimsbütteler Straße zu verlegen 
und am Pferdemarkt mit der politischen Grenze zwischen Altona und St. Pauli 
zu vereinigen sein, in der Nähe des Bahnhofs Schulterblatt aber in die gegen— 
wärtige Zollgrenze einmünden. 
Daß der Einschluß Altonas in das Zollgebiet von der Zustimmung 
Hamburgs nicht abhängig sein kann, bedarf keiner nähern Darlegung. Dem 
Bundesrat wird aber auch die Befugnis nicht bestritten werden können, den 
Anschluß der hamburgischen Vorstadt St. Pauli oder eines Teils derselben 
selbst ohne die Zustimmung Hamburgs zu beschließen. Nach Art. 34 der Reichs- 
verfassung bleiben die Hansestädte Bremen und Hamburg mit einem dem Zweck 
entsprechenden Bezirke ihres oder des umliegenden Gebiets als Freihäfen außer- 
halb der gemeinschaftlichen Zollgrenze, bis sie ihren Einschluß in dieselbe 
beantragen. Die Frage, wer darüber zu entscheiden hat, in welchem Umfange 
eine Ausschließung des städtischen Gebiets aus der Zollgrenze erforderlich ist, 
um dem Zweck der Freihafenstellung zu entsprechen, wird beim Mangel einer 
bezüglichen Anordnung im Art. 34 nach den allgemeinen Vorschriften der Reichs- 
verfassung zu beantworten sein. Der Artikel 7 der Verfassung weist der Ent- 
scheidung des Bundesrats unter Nr. 2 zu: 
die zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen allgemeinen Ver- 
waltungsvorschriften und Einrichtungen, sofern nicht durch Reichsgesetz 
etwas anderes bestimmt ist. 
Zu den Reichsgesetzen in diesem Sinne gehört auch die Reichsverfassung, 
zu den zur Ausführung derselben erforderlichen Einrichtungen auch die Verlegung 
der Zollgrenze innerhalb des Bundesgebiets in den durch Art. 33, Abs. 1, und 
Art. 34 gezogenen Schranken. Ein Zweifel hierüber kann um so weniger bestehen, 
als dem Bundesrat in Bezug auf die Zölle und Verbrauchssteuern bereits durch 
den Art. 37 der Verfassung des Norddeutschen Bundes und den Art. 8 § 12 
des Zollvereinigungsvertrags vom 8. Juli 1867 das Recht der Beschlußfassung 
über die zur Ausführung der gemeinsamen Gesetzgebung dienenden Verwaltungs- 
vorschriften und Einrichtungen übertragen war, welches Recht ihm alsdann 
durch Art. 7 der Reichsverfassung ganz allgemein und nur mit dem Vor- 
behalte, daß nicht durch Reichsgesetze etwas anderes bestimmt worden, zugestanden 
ist. Dem Bundesrat gebührt hiernach auch die Entscheidung darüber, welcher 
Teil des Hamburger Gebiets im Interesse der Freihafenstellung von der Zoll- 
grenze auszuschließen ist. Daß aber zum Zwecke der Freihafenstellung Hamburgs 
der Ausschluß der ganzen Vorstadt St. Pauli von der Zollgrenze notwendig sei, 
wird nicht behauptet werden können. Auch kann die Reichsverfassung nicht 
beabsichtigt haben, daß eine große preußische Stadt, welche im übrigen alle 
Bedingungen einer befriedigenden Existenz und eines blühenden Verkehrs in sich
	        
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