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stadt St. Pauli dem Zollgebiet angeschlossen würde. Die Zollgrenze würde
dann von der Elbe bis zum Millernthor an die alte Stadtumwallung, dem—
nächst nördlich an die unbebaute Seite der Eimsbütteler Straße zu verlegen
und am Pferdemarkt mit der politischen Grenze zwischen Altona und St. Pauli
zu vereinigen sein, in der Nähe des Bahnhofs Schulterblatt aber in die gegen—
wärtige Zollgrenze einmünden.
Daß der Einschluß Altonas in das Zollgebiet von der Zustimmung
Hamburgs nicht abhängig sein kann, bedarf keiner nähern Darlegung. Dem
Bundesrat wird aber auch die Befugnis nicht bestritten werden können, den
Anschluß der hamburgischen Vorstadt St. Pauli oder eines Teils derselben
selbst ohne die Zustimmung Hamburgs zu beschließen. Nach Art. 34 der Reichs-
verfassung bleiben die Hansestädte Bremen und Hamburg mit einem dem Zweck
entsprechenden Bezirke ihres oder des umliegenden Gebiets als Freihäfen außer-
halb der gemeinschaftlichen Zollgrenze, bis sie ihren Einschluß in dieselbe
beantragen. Die Frage, wer darüber zu entscheiden hat, in welchem Umfange
eine Ausschließung des städtischen Gebiets aus der Zollgrenze erforderlich ist,
um dem Zweck der Freihafenstellung zu entsprechen, wird beim Mangel einer
bezüglichen Anordnung im Art. 34 nach den allgemeinen Vorschriften der Reichs-
verfassung zu beantworten sein. Der Artikel 7 der Verfassung weist der Ent-
scheidung des Bundesrats unter Nr. 2 zu:
die zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen allgemeinen Ver-
waltungsvorschriften und Einrichtungen, sofern nicht durch Reichsgesetz
etwas anderes bestimmt ist.
Zu den Reichsgesetzen in diesem Sinne gehört auch die Reichsverfassung,
zu den zur Ausführung derselben erforderlichen Einrichtungen auch die Verlegung
der Zollgrenze innerhalb des Bundesgebiets in den durch Art. 33, Abs. 1, und
Art. 34 gezogenen Schranken. Ein Zweifel hierüber kann um so weniger bestehen,
als dem Bundesrat in Bezug auf die Zölle und Verbrauchssteuern bereits durch
den Art. 37 der Verfassung des Norddeutschen Bundes und den Art. 8 § 12
des Zollvereinigungsvertrags vom 8. Juli 1867 das Recht der Beschlußfassung
über die zur Ausführung der gemeinsamen Gesetzgebung dienenden Verwaltungs-
vorschriften und Einrichtungen übertragen war, welches Recht ihm alsdann
durch Art. 7 der Reichsverfassung ganz allgemein und nur mit dem Vor-
behalte, daß nicht durch Reichsgesetze etwas anderes bestimmt worden, zugestanden
ist. Dem Bundesrat gebührt hiernach auch die Entscheidung darüber, welcher
Teil des Hamburger Gebiets im Interesse der Freihafenstellung von der Zoll-
grenze auszuschließen ist. Daß aber zum Zwecke der Freihafenstellung Hamburgs
der Ausschluß der ganzen Vorstadt St. Pauli von der Zollgrenze notwendig sei,
wird nicht behauptet werden können. Auch kann die Reichsverfassung nicht
beabsichtigt haben, daß eine große preußische Stadt, welche im übrigen alle
Bedingungen einer befriedigenden Existenz und eines blühenden Verkehrs in sich