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einen außerordentlichen Eisenbahnausschuß zurückzuverweisen, mit dem Auftrag,
in die Detailberatung über ein einheitliches Tarifsystem mit den dazu gehörigen
Normaleinheitssätzen einzutreten. Nach der Presse zugegangenen Mitteilungen!)
lag es anfänglich in der Absicht, den Bundesratsausschuß für das Gütertarif—
wesen schon im Oktober 1879 wieder einzuberufen; dies unterblieb jedoch,
hauptsächlich mit Rücksicht auf die Verhandlungen im preußischen Abgeordneten-
hause, wo über den Ankauf einer Reihe von Privatbahnen für den Staat
beraten wurde. Inzwischen waren die Materialien bezüglich der von den be-
teiligten Regierungen für angemessen erachteten Gliederung des Tarifs, der
Normaleinheitssätze und der für notwendig und zulässig zu erachtenden Ab-
weichungen von demselben eingegangen. Für die Wiederberufung des Aus-
schusses wurde indes noch immer kein bestimmter Termin festgesetzt. Als un-
richtig wurde die Mitteilung bezeichnet, preußischerseits seien die Regierungen
dahin verständigt worden, daß dem Reichskanzler an der Erledigung des Güter-
tarifgesetzes vorläufig nicht besonders gelegen sei. Eine andere Frage sei aber
die: ob es dem Reichskanzler gelingen werde, ein Gütertarifgesetz, wie er es
wünschte, zu stande zu bringen. Und darüber begegnete man in Bundesrats-
kreisen den verschiedenartigsten Anschauungen. Diejenigen Bundesstaaten, welche
größere Staatsbahnen mit einer hohen Belastung ihrer Finanzen hergestellt
hatten (Sachsen, Württemberg und Baden), erklärten sich nach wie vor ent-
schieden gegen den Entwurf, weil er eine weitere Verminderung des Ertrags
ihrer Bahnen herbeizuführen drohte. 2)
Herstellung eines einheitlichen Tarifsystems. Im Anschluß
an die im Juli 1878 3) dem Bundesrat vorgelegte Uebersicht über die Ein-
1) Die „Nord. Allg. Ztg.“ brachte in Nr. 420 v. 2. 10. 79 folgendes Entrefilet:
„Wie wir vernehmen, wird der Bundesratsausschuß für das Eisenbahngütertarifwesen
nächstens — voraussichtlich noch im Laufe dieses Monats — wieder zusammentreten, nach-
dem inzwischen die Materialien bezüglich der von den beteiligten Regierungen für angemessen
erachteten Gliederung des Tarifs, der Normaleinheitssätze und der für notwendig und zu-
lässig zu erachtenden Abweichungen von denselben eingegangen sein werden. Den Gegen-
stand noch zur Beschlußfassung des Reichstages in der letzten, ohnehin stark belasteten Ses-
sion reifzustellen, war bekanntlich nicht mehr möglich; derselbe dürfte in der bevorstehenden
Session zur Erledigung kommen. — Die Angabe eines hiesigen demokratischen Blattes,
„daß preußischerseits andere Regierungen dahin verständigt seien, daß dem Fürsten Bis-
marck an der Erledigung des Tarifgesetzes vorläufig nicht besonders gelegen sei, daß er es
vielmehr vorziehe, diese Angelegenheit bis nach der Beratung der Eisenbahnankaufsvorlage.
im preußischen Abgeordnetenhause zu vertagen“ entbehrt jeder Begründung.“
2) Schultheß Geschichtskalender S. 198. Darlegung des Vereins der Privatbahnen
über den Gesetzentwurf, betreffend das Gütertarifwesen der deutschen Bahnen, s. „Nordd.
Allg. Ztg.“ Nr. 449 v. 19. 10. 79.
3) cf. oben S. 108.