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9. Reichskriegswesen.
Militärvorlage. Am 22. Januar 1880 legte Bismarck dem Bundes-
rat den Entwurf eines neuen Reichs-Militärgesetzes vor, welcher sich abändernd
und ergänzend an das mit Ablauf des Septenats am 31. Dezember 1881 zu
Ende gehende Reichs-Militärgesetz vom 2. Mai 1874 anschloß und in erster
Linie ein neues Septenat vorschlug. 1) Die Friedenspräsenzstärke sollte nach
dem Entwurf vom 1. April 1881 bis zum 31. März 1888 gesetzlich fixirt
werden. Das Gesetz vom 2. Mai 1874 verfügte über die Zeit vom 1. Januar
1875 bis zum 31. Dezember 1881. Die Verlegung des Beginns des Budget-
jahres auf den 1. April hatte auch diese Abänderung nötig gemacht. Es
reduzirte sich dadurch die in den neuen Vorschlag einbegriffene Zeit einerseits
auf 6 Jahre und drei Monate, andererseits sollte der Präsenzstand schon in
dem Zeitteil vom 1. April 1881 bis 31. Dezember 1881, der noch unter das
bestehende Militärgesetz fiel, erhöht werden. Dem Gesetz vom 2. Mai 1874
war die Bevölkerung nach der Zählung vom 1. Dezember 1871 mit
41 610 150 Einwohnern zu Grunde gelegt. Der neue Vorschlag basirte auf
der Zählung vom 1. Dezember 1875, die eine Bevölkerung von 42 727360
ergab; die Präsenzstärke sollte sich demnach künftig auf 427270 Mann beziffern.
Die Bundesratsausschüsse für Landheer und Festungen und für Rechnungs-
wesen nahmen den Entwurf, betreffend die Erweiterung und Ergänzung des
Reichsheeres, nahezu einstimmig unverändert an. Am 9. Februar erfolgte die
Annahme ebenfalls durch den Bundesrat.2)
Gesetz, betreffend Ergänzungen und Aenderungen des Reichs-Militärgesetzes
vom 2. Mai 1874, vom 6. Mai 1880 (Reichs-Gesetzbl. S. 103).
Anfangs März 1880 wurde dem Bundesrat seitens des Reichskanzlers
der Entwurf eines Gesetzes, betreffend Abänderung des Gesetzes vom 13. Februar
1875 über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden zur
Beschlußnahme vorgelegt. 3) Der von dem Bundesrat genehmigte Gesetzentwurf
wurde dem Reichstag — vermutlich wegen der allgemeinen Geschäftslage —
zunächst nicht vorgelegt. Die Materie wird uns deshalb in der kommenden
Session des Bundesrats noch einmal beschäftigen.")
1) Wortlaut und Motive des Gesetzentwurfs in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 38 v.
23. 1. 80 und „Nat.-Ztg.“ Nr. 37 v. 23. 1. 80, ef. Nr. 78 v. 16. 2. 80.
2) Urteil der Presse über den Entwurf s. „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 40. v. 24. 1. 80 u.
Nr. 44 v. 27. 1. 80.
3) Wortlaut des Entwurfs und der Motive s. „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 121 v. 12. 3. 80
u. 122 v. 12. 3. 80.
4) Entwurf eines Gesetzes, betreffend eine Ergänzung des Gesetzes vom 27. Juni 1871
über die Pensionirung und Versorgung der Militärpersonen, s. „Nat.-Ztg.“ Nr. 593 v.