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der Eisenbahntarifsachen regen Anteil. Mit dem Fürsten Bismarck hat er
keinen persönlichen Verkehr gehabt; einer ergangenen Einladung konnte er, ein-
getretener Familientrauer wegen, nicht Folge leisten.
6. Sachsen-Coburg und Gotha.
Staatsminister Freiherr v. Seebach.!)
Aus dem Briefwechsel desselben mit seiner Tochter Wanda v. Koethe mögen
folgende Auszüge hier Platz finden.
Heidelberg, 6. August 1878.
An Frau Wanda v. Koethe.
Der Gedanke, Heidelberg zum Konferenzort?) zu wählen, war gewiß ein
außerordentlich glücklicher, und mit der Zeitbestimmung hätte man es auch nicht
besser treffen können, denn kein Wölkchen zeigte sich gestern und zeigt sich auch
heute an dem blauen Himmel, und ein sanftes Lüftchen mildert die Hitze, die
sonst wohl hätte unleidlich werden können. Dabei lebt man auch nicht schlecht, wie
Du aus der beiliegenden rein deutschen „Tafelordnung“ ersehen wirst. Der
Kaffee wurde auf der Terrasse des Hotels getrunken, von der aus der Blick
auf die Schloßruine, die Stadt und die weite von Bergen begrenzte Ebene
wahrhaft entzückend ist. Der Zufall wollte, daß das Corps der Guestphalia
gerade sein sechzigjähriges Stiftungsfest feierte und in einer langen Fackelreihe
durch die Stadt über die Brücke nach der auf dem rechten Ufer des Neckars
liegenden Festhalle zog, die prächtig erleuchtet war und gleich einem großen
Teil der an dem Ufer liegenden Gebäude von Zeit zu Zeit in bengalischem Feuer
prangte, das sich dann in dem Neckar wiederspiegelte; das Ganze machte einen
feenhaften Eindruck. Erst gegen 10 Uhr trennte man sich.
Heute beginnt die Sitzung bereits um 9 Uhr, um 1 Uhr müssen wir nach
Karlsruhe fahren, wo wir um 3 Uhr zur Tafel befohlen sind. Abends 8 Uhr
nasium und studirte nach stattgehabtem Maturitätsexamen in Gießen und Heidelberg
Kameralwissenschaft. Nach bestandenem Staatsexamen fand er als Sekretär bei der Direktion
der Main-Weser-Bahn in Darmstadt Verwendung respektive Anstellung, wurde dann
Sekretär bei der Direktion der Main-Weser-Bahn in Cassel, später Regierungsrat daselbst
und kam nicht lange vor dem käuflichen Uebergang des hessischen Anteils der Main-Weser-
Bahn an Preußen als Ober-Finanzrat nach Darmstadt, woselbst er das Amt eines vor-
tragenden Rats in dem Ministerium der Finanzen, Abteilung für Bauwesen, bekleidete.
Hervorragend thätig im Eisenbahntarifwesen, bekleidete er auch, zum Geheimen Ober-
Finanzrat ernannt, zugleich die Stelle eines hessischen Regierungskommissars bei der Ludwigs-
Eisenbahn, welche Stellung er noch bis zu seinem Tode inne hatte.
1) ef. Bd. III. S. 411.
2) Scil. der Finanzminister der deutschen Bundesstaaten zu einer vertraulichen Ver-
ständigung über die Steuerreform. Vgl. mein Werk „Fürst Bismarck als Volkswirt“ Bd. I.
E. 143.