Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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unterstellt war, auf die Aufstellung neuer oder auf die Diskussion schon vor— 
handener Steuerprojekte oder auf Zollangelegenheiten, sondern auf die Frage, 
ob und in welchem Umfange der bisher vermißte unmittelbare Zusammenhang 
zwischen der Reichssteuerreform und einer entsprechenden Ermäßigung der Steuer 
in den einzelnen Bundesstaaten überall herzustellen sei. Hierüber zu einer Ver— 
ständigung und zwar ungeachtet der großen Verschiedenheiten der Finanzlage 
und der Finanzverfassung der einzelnen Staaten zu einer möglichst einhelligen 
Verständigung zu gelangen, erschien erwünscht, um den nächsten Schritten zu 
weiterer Ausbildung des Reichssteuersystems den Boden nach Möglichkeit zu 
ebnen. Die Verhandlungen führten zu einem erwünschten Ergebnis. Die in 
der Konferenz vertretenen Regierungen vereinigten sich einstimmig in der Ent— 
schließung, die Mehreinnahmen, welche von den in der letzten Bundesrats- und 
Reichstagssession in Aussicht genommenen Besteuerungsgegenständen — die Zu- 
stimmung des Reichstags vorausgesetzt zu erzielen sein würden, unverkürzt 
der Verminderung der Steuerlast in den einzelnen Staaten zu widmen und 
nach Maßgabe ihrer verfassungsmäßigen Befugnisse auf deren Verwendung zu 
diesem Ziele hinzuwirken. 1) 
  
Wie erinnerlich, weigerte sich Bismarck in der IX. Session des Bundesrats, 
einen von demselben beschlossenen Gesetzentwurf, betreffend die Anzeige der in 
Fabriken und ähnlichen Betrieben vorkommenden Unfälle, an den Reichstag 
gelangen zu lassen. :) Ueber die staatsrechtliche Frage, ob der Reichskanzler 
befugt sei, Beschlüsse des Bundesrats einfach zu den Akten zu schreiben, bemerkte 
Bismarck in der Sitzung des Reichstags vom 24. Februar 1881: „Es steht in 
der Verfassung, daß die Anordnung des Kaisers ihre Gültigkeit durch die 
Unterzeichnung des Reichskanzlers erlangt, welcher damit die Verantwortlichkeit 
übernimmt. Zu diesen Anordnungen des Kaisers sind doch ohne Zweifel auch 
die Akte zu rechnen, von denen die Verfassung sagt, daß sie im Namen des 
Kaisers zu geschehen haben, also beispielsweise die Vorlage eines bundesrätlichen 
1) Die „Kölnische Zeitung“ benutzte eine von dem Reichstagsabgeordneten Grafen 
Wilhelm Bismarck in seinem Wahlkreise gehaltene Rede zu einer Insinuation, die einen 
versteckten Angriff gegen den Reichskanzler enthielt. Obwohl sie selbst anführte, daß Graf 
Bismarck seinen Mitteilungen jeden offiziösen Charakter abgesprochen babe, schob sie ihm 
doch „gute Informationen“ unter und baute dann auf einer entstellt wiedergegebenen 
Aeußerung über die Branntweinsteuer einen weit hergeholten Angriff gegen die Steuer- 
reformpläne der Regierung auf, welcher mehr von dem üblichen sezessionistisch-freihändlerischen 
Mißtrauen gegen den Reichskanzler wie von Kenntnis der Thatsachen zeugte. Demgegenüber 
glaubte die „Nordd. Allg Ztg.“ in Nr. 461 v. 2. 10. 80 der „Kölnischen Zeitung“ versichern 
zu können, „daß der Erhöhung der Branntweinsteuer im Staatsministerium keine prin- 
zipiellen Bedenken entgegenstehen, daß an dieselbe aber nur gedacht werden kann, wenn 
gleichzeitig die direkten Steuern den indirekten insoweit Platz gemacht haben, daß die zwei- 
und dreifache Besteuerung des Grundbesitzes wegfällt". 
2) cf. S. 176.
	        
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