Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Vierter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1878-1881). (4)

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Beschlusses vor den Reichstag, wie Herr Richter nach der „Norddeutschen 
Zeitung“ eine Thatsache ganz richtig angeführt hat, über die Unfallstatistik, 
über welche Beschlüsse vorlagen, die weiter zu befördern im Namen des Kaisers 
ich mit meiner Verantwortlichkeit nicht verträglich gefunden habe. Ich habe deshalb 
diese Handlung unterlassen. Man kann nun das Verfassungsrecht fragen: war 
ich berechtigt, diese Handlung zu unterlassen? war der Keiser berechtigt, die 
Handlung zu unterlassen? oder war Seine Majestät der Kaiser verfassungs- 
mäßig verpflichtet, den Beschluß des Bundesrats vorzulegen? 
Ich habe diese Frage einmal bei Herstellung der Verfassung mit einem sehr 
scharfen Juristen erörtert, der lange in einer hohen juristischen Stellung bei uns 
war und noch ist, Herrn Pape. Der sagte mir: der Kaiser hat kein Veto. Ich 
sagte: verfassungsmäßig hat er es nicht, aber denken Sie sich den Fall, daß 
dem Kaiser eine Maßregel zugemutet wird, die er nicht glaubt erfüllen zu können, 
oder eine solche, die er glaubt erfüllen zu können, sein zeitiger Kanzler warnt 
ihn aber und sagt: hierzu kann ich nicht raten, das kontrasignire ich nicht. 
Gut nun, ist der Kaiser denn dann in diesem Falle verpflichtet, einen 
anderen Kanzler zu suchen, seinen Widerstreber zu entlassen? Ist er verpflichtet, 
einen jeden zum Kanzler zu nehmen, der ihm etwa von anderer Seite vor- 
geschlagen wird? Wird er sich den zweiten, dritten suchen, die beide sagen: 
die Verantwortlichkeit hierfür, für diesen Gesetzentwurf können wir nicht durch 
die Vorlage im Reichstag übernehmen? Darauf hat mir Herr Pape geantwortet: 
Sie haben recht, der Kaiser hat ein indirektes und faktisches Veto. 
Ich gehe so weit nicht einmal, sondern alle diese Sachen werden nicht so 
haarscharf durchgedrückt. Nehmen Sie also einen konkreten Fall, an dem sich 
solche Sachen am besten erläutern, nehmen Sie an, daß die Majorität des 
Bundesrats mit Zustimmung Preußens dieses Gesetz beschlossen hat, und wobei 
in Preußen der Formfehler gemacht worden ist, daß der zur Instruktion der 
Vertretung im Bundesrat berufene preußische Minister der auswärtigen Angelegen- 
heiten nicht zugezogen worden ist, um die Instruktion zur Zustimmung zu 
erteilen; aber ich nehme an, Preußen hat zugestimmt, dieser Minister wäre 
zugezogen und wäre auch im preußischen Ministerium in der Minorität geblieben, 
und der Kaiser trägt ihm auf, nun diese Beschlüsse dem Bundesrat und dem 
Reichstag vorzulegen, der Kanzler sagt: das glaube ich nicht verantworten, nicht 
verantwortlich vollziehen zu können, dann ist die erste Möglichkeit, daß Seine 
Majestät der Kaiser sagt: dann muß ich mir einen anderen Kanzler suchen, — 
die ist nicht eingetreten, die zweite ist eingetreten, daß die Vorlage unterblieben 
ist. Dadurch ist nun die Situation geschaffen, in der, wenn es einen Klage- 
berechtigten gibt, ein solcher nur in der Majorität der Regierungen, im Bundesrat, 
die diesen Beschluß gefaßt haben, gesucht werden kann. 
Es ist nun der weitere Weg gegeben — ich glaube auch, daß solcher Weg 
in schweren Fragen bis ans Ende gegangen werden würde, aber wenn man
	        
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