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In der Reichstagssitzung vom 4. März 1881 betonte Bismarck die Gleich—
berechtigung des Bundesrats mit dem Reichstag und das Recht des ersteren,
abgelehnte oder nicht bis zu Ende diskutirte Vorlagen aufs neue in den Reichstag
einzubringen.
Die Stellung des Königs von Preußen im Bundesrat
charakterisirte Bismarck in der Sitzung des Reichstags vom 28. März mit
folgenden Worten. „Der Kaiser und König von Preußen verfügt im Bundesrat
über 17 Stimmen, er hat eine wesentliche Initiative und einen nicht unerheb-
lichen Einfluß im Deutschen Reich und auf seine Bundesgenossen. Es ist also-
dieses noch nicht die sichere Meinung der Zukunftsbeschlüsse des Bundesrats,
aber die sichere und feststehende Ansicht desjenigen der verschiedenen dabei mit-
wirkenden Faktoren, den man als den gewichtigsten an sich ohne Verletzung.
der übrigen betrachten kann.“
Ueber das Verhältnis zwischen Bundesrat und Reichstag brachte die „Nord-
deutsche Allgemeine Zeitung“ aus Anlaß der Hamburger Zollanschlußfrage in Nr. 242
vom 27. Mai 1881 folgenden Artikel: „Die in den Verhandlungen über Hamburg
und die Unterelbe im Reichstag gestellten Anträge beweisen, daß auf mehr als
einer Seite und auch bei gemäßigteren Elementen das Streben des Reichstags
nach Alleinherrschaft, die unwillkürliche Neigung, verfassungsmäßige Rechte der
Regierungen in Besitz zu nehmen, mehr und mehr ans Licht tritt. Die beiden
Faktoren der Gesetzgebung stehen sich gleichberechtigt gegenüber. Die verbündeten
Regierungen, welche ihre Vertretung im Bundesrat finden, haben durch Vertrag
untereinander auf ihre früheren Sonderrechte verzichtet und dadurch die Unterlage
für die politische Kompetenz des Reichstags hergestellt, indem sie von ihren
eigenen Rechten so viel aufgaben, als für den nationalen Zweck erforderlich
war. Um so sicherer haben sie darauf gerechnet, daß die parlamentarische Ver-
sammlung, welche sie ins Leben gerufen haben, die den Regierungen und ihrem
gemeinsamen Organ verbliebenen Rechte achten und schützen werde. Wir können
diese Achtung und die Bereitwilligkeit zum Schutz mit den Versuchen nicht
vereinbar finden, welche gemacht werden, um dem Bundesrat von seiten des
Reichstags Vorschriften zu erteilen, über die Art, das Maß und die Richtung,
in welcher er seine verfassungsmäßigen Rechte auszuüben hat. Wir glauben
nicht, daß der Reichstag es geduldig hinnehmen würde, wenn der Bundesrat
ihm gegenüber in der Form von Resolutionen die Erwartung in mehr oder
weniger energischen Worten aussprechen wollte, daß der Reichstag von den ihm
allein zustehenden Rechten, wie Prüfung der Rechnungen, Prüfung der Wahlen,
Bewilligung von Steuern, keinen anderen als den vom Bundesrat bezeichneten
Gebrauch machen würde. Der Bundesrat würde sich, wenn er in dieser Weise
den Reichstag mit gleicher Münze bezahlen wollte, gefallen lassen müssen, daß