II. Abschnitt.
Der Rücktritt des Präsidenten des Reichkanzler-Amts,
Staatsministers Hofmann.))
Die Meldung von der Ernennung Hofmanns zum Staatssekretär für
Elsaß-Lothringen erfolgte etwas früher als die von der Enthebung von seiner
Stelle an der Spitze des Bundesrats (28. August 1880), so daß kurze Zeit
sogar Zweifel darüber auftauchen konnten, ob Herr Hofmann ein neues Amt
zu den bisherigen dazu bekam oder seine bisherigen abgab. 2)
1) Vgl. Bd. 1 S. 70, Bd. II S. 44.
2) Die „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 405 v. 31. 8. 80 schrieb aus diesem Anlaß: „Ver-
schiedene Blätter sprechen ihre Verwunderung über die kürzlich veröffentlichten Allerhöchsten
Ordres aus, durch welche der Minister Hofmann aus seinen früheren Aemtern entlassen
worden ist, und beweisen dadurch, wie unbekannt man mit den wirklichen Verhältnissen
des Reichs= und Staatsdienstes in den Kreisen selbst der angesehensten Publizistik ist. Wer
über die in Frage kommenden Vorgänge überrascht sein wollte, der konnte es vielleicht vor
drei Wochen darüber sein, daß der Staatssekretär des Innern und preußische Handels-
minister, ohne von seinen umfänglichen Geschäften zurückzutreten, zu einem Amte ernannt
wurde, welches seinen Sitz notwendig in der Stadt Straßburg hat. Wer jetzt aber über
die Enthebung des Staatsministers Hofmann von seinen Berliner Aemtern überrascht ist,
der muß geglaubt haben, daß das Reichsamt des Innern und der Vorsitz im Bundesrat
sich von Straßburg aus oder das Straßburger Staatsministerium sich von Berlin aus ver-
sehen lasse. Jeder, der auch nur oberflächlich mit den Aufgaben beider Stellen vertraut
ist, mußte seit drei Wochen darauf gefaßt sein, daß der Staatsminister Hofmann sich die
Uebernahme seines neuen Amtes durch Aufgeben seines älteren möglich machen werde.
Ueberraschend hätte höchstens gefunden werden können, daß dies nicht gleichzeitig geschah.
Dergleichen Zufälligkeiten werden aber immer vorkommen, wo drei Behörden, von denen
zwei mit der dritten in keiner Verbindung stehen, nämlich der Reichskanzler, das preußische
Staatsministerium und die Statthalterschaft von Elsaß-Lothringen, zu einem und demselben
Akte zu konkurriren haben. Die Statthalterschaft ist in der Publizirung ihres Anteils an
demselben eben schneller gewesen als die beiden anderen Behörden. Was demnächst die
Form der Entlassung des Staatsministers Hofmann betrifft, so ist sie diejenige, welche er
selbst aus, wie wir glauben, sachlichen und triftigen Gründen gewünscht hat. Wir sehen
auch in ihr nichts Ueberraschendes, ebensowenig wie in der ganzen Thatsache, daß ein
Minister aus einer ministeriellen Stellung in eine andere, ohne sein Zuthun vakant ge-
wordene übergeht. Die gegenteilige Behauptung entspringt wohl nur dem sommerlichen
Sensationsbedürfnis der Blätter, denen es an Stoff fehlt.“