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Mittelstaat im richtigen Verhältnis zum Reich zu erhalten. Die süddeutschen
Verhältnisse sind Herrn Hofmann zudem vollständig geläufig, wie die Ver—
hältnisse in Hessen und den Reichslanden manche Analogien darbieten. Ob
aber die Stellung in Elsaß-Lothringen überhaupt eine mögliche ist, das wird
vielseitig bezweifelt, und wie in Berlin den Fall des Herrn Delbrück findet
er in Straßburg den Fall des Herrn Herzog als ein bedenkliches Vorzeichen.“ 1)
Die „National-Zeitung“ hatte ein prophetisches Wort gesprochen, denn
Hofmann blieb nicht ganz 7 Jahre der leitende Minister von Elsaß-Lothringen
unter dem Statthalter Manteuffel, mit dessen System, an dem Hofmann gewiß
nicht schuld war, er selbst fallen mußte.?)
1) Sonstige Rückblicke über die Wirksamkeit Hofmanns im Reiche und Erwägungen
über seinen Uebertritt in den elsaß-lotbringischen Landesdienst findet man in der „Nat.-Ztg.“
Nr. 372, 378, 385, 401, 405, v. 11., 14., 19., 28. und 31. 8. 80.
2) Hofmann wollte bereits im Jahre 1886 zurücktreten. Die bittere Erfahrung, daß
sein dem Lande und dessen Bevölkerung entgegengebrachtes Wohlwollen und seine unermüd-
liche Fürsorge für eine gedeihliche Entwicklung der Verhältnisse mit wenig Dank erwidert
wurden, reifte die damalige Absicht im März 1887 zum festen Entschluß. Die „National-=
liberale Korrespondenz“ schrieb zu dieser Angelegenheit: „Der Rücktritt des Staats-
sekretärs v. Hofmann in Straßburg ist gleichsam das Signal für eine durch-
greifende Aenderung in der Politik des Statthalters. Solange Herr v. Hofmann das
reichsländische Ministerium leitete, konnte das System Manteuffel nicht völlig als über-
wunden gelten. Der Staatssekretär ist ein Beamter von anerkennenswerter Gewandtheit;
er hat gewiß nicht alles gebilligt, was Herr v. Manteuffel für gut fand, aber in seinem
eigenen Wesen liegt zu viel Milde und wohlwollende Lässigkeit, als daß er sich selber für
den geeigneten Mann halten könnte, um ein strengeres Regiment verantwortlich durch-
zuführen. Sein Rücktritt ist zweifellos erfolgt, ohne daß etwas einer Pression Aehnliches
dabei mitgewirkt hätte. Schon die wahrscheinlich veränderte Stellung des Staatssekretärs
zum Landesausschuß erfordert eine neue Persönlichkeit in der obersten Geschäftsleitung.“